Sonntag, 26. Februar 2017

HR als Manager von Beziehungen - 5 (+1) Frage/n zu den Erwartungen an das Personalmanagement - heute an Jörg Klukas

Im Moment wird viel über Personaler und das Personalmanagement gesprochen - weniger mit den Personalern. Bei diesen Diskussionen geht es um gegenwärtige Prozesse und Leistungen aber zunehmend auch um die Perspektive von „HR“ insgesamt. Diese oft mit ungewohnter Schärfe vorgetragenen kontroversen Meinungen sind für mich Anlass, eine Interviewreihe mit Kunden, Partnern und Insidern des Personalmanagements zu starten. Heute spreche ich mit Jörg Klukas, einem HR-Netzwerker und Experten für digitale Personalgewinnung, dem es auch im Rahmen der von ihm gegründeten Firma pludoni gelingt, eigene Akzente bei der Lösung aktueller Probleme zu setzen. Ich danke ihm bereits jetzt für die Teilnahme am Interview und bitte ihn, sich kurz vorzustellen. Daran schließen sich meine Fragen an:

Professor Jörg Klukas
Klukas: Ich bin Jörg Klukas und verfüge über eine lange Berufserfahrung im Personalumfeld - davon ca. 8 Jahre als Leiter Human Resources und Business Excellence bei der T-Systems Multimedia Solutions, jetzt ca. 8 Jahre als Geschäftsführer der pludoni GmbH mit www.Empfehlungsbund.de zur qualifizierten Fachkräfteempfehlung und seit etwa 3 Jahren hauptberuflicher Professor der Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Personalmanagement an der FOM Leipzig.

Wald: Vielen Dank für die kurze Vorstellung. Wie ist Ihre Position im Personalmanagement bzw. worin bestehen Ihre konkreten Schnittstellen zum Personalmanagement?
Klukas: Ich forsche nach neuen Möglichkeiten der Fachkräftegewinnung in Branchen mit zunehmenden Fachkräftemangel. 1997 war noch ein Hoch der Printanzeigen, 2010 das Hoch der Online Jobbörsen. Seit dem sind es Empfehlungen, welche den Hauptteil der Einstellungen realisieren. Dabei ist kein Kanal besonders stark ausgeprägt. Personalgewinnung ist heute mehrgleisiger und mehrstufiger geworden. Fachkräfteengpässe an ausgewählten Stellen macht Active Sourcing notwendig, da in bestimmten Branchen die Personen kaum noch nach neuen Arbeitgeber suchen müssen. In Social Media werden diese einfacher gefunden und direkt durch Personaldienstleister oder Mitarbeiter des Unternehmens angesprochen. War Headhunting früher eine Domäne für Geschäftsführer, ist es längst auf Fachkräfteebene angekommen. Ich finde diese Veränderungen spannend und analysiere regelmäßig in eigenen Studien (z.B. kanaleo), wie sich die Trends entwickeln und gebe Personalentscheidern hierzu Unterstützung.

Wald: Wie schätzen Sie den gegenwärtigen Status bzw. das Standing der Personaler insgesamt ein?
Klukas: Das Standing oder der Status eines Personalers hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die Halbwertszeit des Wissens von Personalern wird gefühlt immer kürzer. Ständig neue Erkenntnisse der Wirtschaftspsychologie und auch der Digitalisierung fordern immer wieder heraus. Spielt ein Personaler hier gekonnt mit und kann ein Personaler dann noch den Erfolg seiner Maßnahmen nachweisen, sehe ich sehr gute Chance für hohen Status/Standing. Natürlich hängt es auch von der Branche und von den Chef des Personalers ab. In wieweit wird das Business als People Business verstanden? Nicht in jedem Geschäft muss ein Personaler die größte Rolle spielen.

Wald: Was meinen Sie, warum wird das Personalmanagement heute (trotzdem) so oft und teilweise heftig kritisiert?
Klukas: Wird es das? Wenn ich mit Personalern spreche, empfinde ich das nicht pauschal. Es gibt eine Reihe von Aufgaben, die ein Arbeitgeber heute irgendwie machen muss, um z.B. gesetzliche Vorgaben nachweisen zu können oder im Wettbewerb, um die besten Fachkräfte bestehen zu können. Meine Sicht ist dabei sicher nicht repräsentativ, denn die Geschäftsführer und Personaler, die zu mir kommen, haben ja ein starkes Interesse an Personalthemen und auch einen Rückhalt und Budget von der obersten Leitung erhalten. Aus Einzelfällen kann ich berichten, wenn Geschäftsführer über Ihre Personaler unzufrieden sind, dann meistens wenn diese primär administrativ oder juristisch unterwegs sind. Also eher verwalten oder sich um vermeintliche Rechtsicherheit kümmern. Das alles sind wichtige Themen, aber es macht den Arbeitgeber kaum attraktiv und bereitet das Personal nicht für die Zukunft vor.

Wald: Wo sehen Sie in der nächsten Zeit konkreten Änderungsbedarf bei Leistungen und Angeboten des Personalmanagements?
Klukas: Personalmanagement ist eine Stabsfunktion. Wenn es das Personalmanagement nicht gibt, dann muss die Geschäftsführung die Personalthemen selber entwickeln und umsetzen. Dort fängt für mich das Verständnis an. Wer ist der Kunde des Personalbereiches? Hier streiten sich gern die Geister. Aus meiner Sicht sind es nicht die Mitarbeiter. Die Mitarbeiter sind längst zu Partnern geworden und verhandeln regelmäßig neu Ihre Austauschbeziehungen mit dem Arbeitgeber. Dabei geht es auch gerade um nicht-monetäre Aspekte (Arbeitsinhalt, Arbeitsbedingungen, etc.). Wenn ein Personaler für den Geschäftsführer agiert, gibt es nur einen Kunden - den Kunden des Unternehmens. Personalmanagement schafft es die Kundenbeziehungen durch Optimierung des Personals zu verbessern. Das heißt, wenn das Personalmanagement sich Ansätze überlegt, um die Mitarbeiter zu binden oder deren Zufriedenheit und Motivation zu steigern, ist das nur Mittel zum Zweck. Weiß das Personalmanagement, wie die Kunden über die Mitarbeiter denken? Als ich Personalleiter wurde war die Bedingung, dass ich das Qualitätsmanagement (Business Excellence) mit führen darf. Personalauswahl mit Anforderungskatalogen oder Personalentwicklung zielen für mich immer darauf ab, den Kundennutzen zu erhöhen. Dabei waren die Ergebnisse aus Kundenbefragungen oder Prozess-Assessments die Auslöser, um einerseits Personalinstrumente weiterzuentwickeln und letztendlich auch den Erfolg der neuen Instrumente nachzuweisen. Das Thema Geschäftsorientierung oder Business Partnerschaften in Zeiten schneller Technologiezyklen wird damit wichtiger.

Wald: Was werden die Schwerpunkte des Personalmanagements in 10 Jahren sein?
Klukas: Ich habe da keine echte Ahnung. Wie war das? Mit Industrie 4.0 fallen 40% der Jobs in den nächsten 20 Jahren weg? Vielleicht gibt es dann keine Personaler mehr? Digitalisierung ist sicher ein entscheidendes Thema. Ich glaube aber nicht, das Personaler mehr zum Informatiker werden müssen. Ich sehe folgende Trends: Personaler müssen geschäftsorientierter werden und sich mehr überlegen, wie man mit den Talenten, die am Arbeitsmarkt vorhanden sind, Geschäft machen kann. Die Personalauswahl wird damit noch mehr auf das leider schwammige Konzept der Schlüsselqualifikationen abzielen müssen. Weniger die genaue fachliche Eignung sondern mehr Themen wie z.B. Lernfähigkeit werden im Mittelpunkt stehen - einfach weil sich Technologien/Fachwissen/Arbeitskontexte in einigen Branchen so schnell verändern. Die Personalentwicklung wird das informelle Lernen viel stärker vorantreiben als formelle Lernsituationen durch z.B. Communitys of Practice versus Seminare. Personalmanagement muss Führungskräften Werkzeuge an die Hand geben, um Mitarbeitern im Sinne einer Partnerschaft mit Transparenz und offener Vergleichbarkeit zu managen.

Wald: Jetzt zur Frage 5+1 (für meine Alumni und Studierenden) Was empfehlen Sie jungen Personalern bzw. Studierenden, die eine Laufbahn im Bereich HR anstreben? Worauf sollten diese achten? Was ist und was wird wichtig?
Klukas: Ich würde hier gern das sagen, was ich auch meinen Studierenden sage, die einen Master Human Resources an der FOM Leipzig anstreben: Qualitätsmanagement in der Personalarbeit. Das heißt, der Fokus liegt hier eher in der Vorgehensweise als in konkreten neuen Konzepten, die sich sowieso ständig ändern: Alle Inhalte des Personalmanagements müssen von bestehenden und potentiellen Kunden des Unternehmens her gedacht werden. Aus dieser Zielsetzung lassen sich konkrete Kennzahlen ableiten, die den Erfolg der entwickelten und eingesetzten Personalinstrumente zumindest teilweise nachweisen können. (Ich weiß, wie schwierig Evaluation ist.) Nutzen Sie systematische Personalforschung qualitativ und quantitativ innerbetrieblich, z.B. Mitarbeiterbefragungen, Auswertungen von Gesprächsprotokollen, Personalkennzahlen, Befragungen von Experten, etc. Recherchieren Sie in der Literatur/Studien nach Erfolgsfaktoren für Ihre neuen Personalinstrumente, z.B. was sind die Dos und Donts einer Mitarbeiterbefragung oder einer Personalentwicklungsmaßnahme. Entwickeln Sie die Personalinstrumente immer gemeinsam mit den jeweiligen Zielgruppen, für die diese Instrumente sind. Führen Sie Piloten/Tests in kleinen Gruppen durch und holen sich Feedback, passen dann die Vorgehensweisen an, und erst dann rollen Sie die Projekte aus. Messen Sie regelmäßig die Erreichung der gesetzten wirtschaftlichen Ziele, vergleichen Sie mit anderen Unternehmen oder Branchenbenchmarks und passen regelmäßig gemeinsam mit der Zielgruppe Ihre Maßnahmen an. Wenn Sie dann Erfolge haben, wird Ihr Standing/Status passen.

Wald: Lieber Herr Klukas, ganz herzlichen Dank für die Antworten. Ich wünsche Ihnen weiterhin viele Erfolge, zahlreiche neue Ideen und immer aufgeschlossene Studierende.

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