Mittwoch, 14. Mai 2014

Arbeitgeberrankings & Expertdata - Employer Branding & Hochschulrecruiting - Gespräch mit Tim Kaltenborn

Und hier ist es ... das nächste Interview mit einem Referenten des HR Innovation Days 2014. Tim Kaltenborn ist University Relations Manager DACH bei Universum. Er wird zum oft diskutierten Thema "Arbeitgeberrankings & Expertdata - Vom Employer Branding zum Hochschulrecruiting“ sprechen.

Wald: Ich freue mich sehr, dass ich Sie für eine Teilnahme am HR Innovation Day gewinnen konnte. Vielen Dank, dass Sie Zeit für ein Gespräch im Vorfeld der HR Innovation Days gefunden haben.
Kaltenborn: Gern. Ich freue mich sehr, dieses Jahr mit dabei zu sein!

Wald: Meine Studierenden richten oft den Blick auf Arbeitgeberrankings, um Hilfe bei der wichtigen Entscheidung bei der Wahl eines Arbeitgebers zu bekommen. Worauf sollten sie dabei besonders achten?
Kaltenborn: Studierenden sollte bewusst sein, dass es unterschiedlichste Rankings und Anbieter mit ganz verschiedenen Ansätzen gibt. Einige der Auszeichnungen oder Rankings basieren auf internen Untersuchungen von Unternehmen, andere auf Bewertungen durch Mitarbeiter, wie zum Beispiel bei Kununu, und wieder andere, wie auch die Rankings von Universum, sind Image- und Recruiting-Studien aus der externen Perspektive: Sie zeigen, wie beliebt Unternehmen bei Studierenden oder auch Professionals sind. Natürlich nutzen viele Arbeitgeber die auf den Rankings basierenden Siegel für ihr Personalmarketing. Bevor man sich von einem solchen Siegel beeindrucken lässt, sollte man hinterfragen, wofür und warum es vergeben wurde: Was waren Methodik und Forschungsfrage des jeweiligen Siegels? Wenn es um die Wahl des eigenen Wunscharbeitgebers geht, ist neben der Rankingposition die wichtige Frage: Wofür steht der Arbeitgeber, und wie passt das zu meinen eigenen Wünschen und Vorstellungen? Dementsprechend sind Rankings für mich immer nur die Spitze des Eisbergs, um weitere Informationen zu finden.

Wald: Mittlerweile gibt es ca. 180 verschiedene Rankings, Arbeitgeberbewertungen u. ä. in Deutschland. Was ist Unternehmen bei der Auswahl eines Rankings wichtig? Was sind für Sie die ausschlaggebenden Qualitätskriterien?
Kaltenborn: Für mich persönlich sind hier Themen wie Unabhängigkeit, Transparenz der Methodik und Relevanz der zugrunde liegenden Stichprobe von höchster Priorität. Ausschlaggebend ist aber auch die Frage: Wie will der Arbeitgeber das Ranking nutzen? Geht es ihm nur darum, ein tolles Siegel für das Marketing zu haben? Oder möchte er mit sehr spezifischen, detaillierten Daten arbeiten, um strategische und operative Prozesse im Unternehmen zu unterstützen? Das ist im Übrigen der Ansatz, mit dem wir mit unseren Kunden arbeiten. Die Daten hinter und rund um die Rankings können zum Beispiel zur strategischen Personalplanung genutzt werden, aber auch für das Hochschulmarketing an ausgewählten Zielhochschulen oder sogar Fachbereichen. Dies kann natürlich nur funktionieren, wenn die Datenlage entsprechend strukturiert vorliegt und ausgewertet werden kann. Deswegen sprechen wir im Zusammenhang mit den Daten aus den Universum-Studien gerne von „Expertdata“ – denn im Vergleich zu Big-Data-Analysen liegen uns die Daten in sehr strukturierter Form vor und müssen nicht aus unterschiedlichen Datenquellen zusammengetragen werden. Das hilft ungemein, wenn wir Forschungsfragen rund um Recruiting und Employer Branding analysieren, um Handlungsempfehlungen zu geben und Entscheidungsgrundlagen vorzubereiten.

Wald: Welchen Einfluss haben Arbeitgeberrankings auf das Employer Branding?
Kaltenborn: Ich habe neulich bei einem Vortrag gehört, dass das Management einer Arbeitgebermarke mit einem Wellenritt vergleichbar sei: Solange man oben ist, ist es ein tolles Gefühl – doch die Welle ist nicht wirklich vorherseh- oder gar steuerbar. Wenn wir nun aber mit Hilfe von Datenanalysen die nächsten Wellen vorhersagen könnten, wäre es leichter, noch länger das tolle Gefühl auf der Welle zu genießen. Mit Hilfe der Daten, die wir in den Universum Surveys in mittlerweile über 30 Ländern erheben, geben wir unseren Kunden und Partnern die Möglichkeit, ihre Arbeit besser zu machen, denn wir unterstützen sie dabei, ihre Zielgruppe und deren Wünsche und Bedürfnisse zu verstehen. Dazu evaluieren wir Aktivitäten im Employer Branding und berechnen oder simulieren, wie sich gewisse Initiativen auf die Wahrnehmung der Marke auswirken. Im Endeffekt sind die Rankings – und das, was hinter den Rankings steht – also ein Tool, um die Arbeitgebermarke und Employer-Branding-Aktivitäten messbarer zu machen und somit besser steuern zu können.

Wald: Wie sollten Unternehmen mit den Ergebnissen von Arbeitgeberrankings umgehen?
Kaltenborn: Auch hier kommt es natürlich darauf an, was der Hintergrund des jeweiligen Siegels ist. Wir hören von vielen Unternehmen, dass unsere Rankings insbesondere im Management Teil von Leistungsvereinbarungen sind, da sie einen guten Indikator für die Stimmung im Markt abgeben. Aber man darf auch nicht vergessen, dass es nicht für jedes Unternehmen Ziel sein kann, auf Platz 1 zu kommen. Für viele unserer Kunden sind die publizierten Rankings sekundär: Sie arbeiten primär mit zielgruppen- oder branchenspezifischen Rankings, sowohl im strategischen als auch im operativen Bereich. Da wir bei unseren Befragungen sehr große Stichproben haben – an unserer aktuellen Befragung haben über 30 000 Studierende teilgenommen – können wir viele relevante Teilstichproben auswerten. Jeder, der sich mit Employer Branding befasst, sollte sich anschauen, was im Rankingprozess passiert, selbst wenn er kein Fan von Rankings ist. Universum arbeitet mit einem „Rekrutierungstrichter“, bei dem das Arbeitgeber-Ranking eine Stufe darstellt. Entlang des Rekrutierungstrichters können wir die Konvertierungsraten zwischen Bekanntheit, in Betracht Ziehen, Wunsch und Bewerbung berechnen – um dann zu analysieren, an welcher Stelle im Bewerbungsprozess ein Unternehmen potentielle Talente verliert.

Wald: Wie begegnen Sie Argumenten, dass Arbeitgeberrankings oft nicht repräsentativ sind?
Kaltenborn: Das Thema Repräsentativität ist in der Marktforschung ein viel diskutiertes. Ein absolutes Muss ist allerdings, dass die Relevanz eines Rankings und der Stichprobe gegeben ist: Beantwortet das Ranking meine Forschungsfrage? Wurden die richtigen Personen dazu befragt? Für eine repräsentative Umfrage im engsten Sinne benötigt man eine Zufallsstichprobe. Das heißt, dass jedes Mitglied der Grundgesamtheit die gleiche Chance haben muss, an der Umfrage teilzunehmen. Wir arbeiten mit Quota Samples, und unser Fokus liegt auf einer möglichst hohen Relevanz. Wenn es darum geht, Studierende verschiedener Fachbereiche zu befragen, orientieren wir uns an der tatsächlichen Verteilung, um die Teilnahmequoten in unseren Befragungen zu steuern. Wenn es dann aber um individuellere Merkmale der Grundgesamtheit – wie zum Beispiel das Interesse in einer bestimmten Branche oder Funktion zu arbeiten – geht, ist die Verteilung manchmal gar nicht bekannt. Dann steht und fällt die Untersuchung mit ihrer Relevanz. Zusammenfassend gilt für mich bei Marktforschungsprojekten generell: Relevanz immer, Repräsentativität wenn nötig und möglich.

Wald: Wir haben von Zeit zu Zeit Kontakt im Rahmen Ihrer Hochschulkontakte. Worin bestehen die Aufgaben eines University Relations Managers?
Kaltenborn: Die Aufgaben sind sehr vielfältig! Bei unseren Marktforschungsprojekten arbeiten wir seit vielen Jahren eng mit Hochschulen und Universitäten zusammen. Mittlerweile zählen wir rund um den Globus etwa 2 000 Hochschulen zu unserem Partnernetzwerk – denn auch für Hochschulen sind die Daten zu den Karrierewünschen und Perspektiven von Studierenden und Professionals, also den Alumni, höchst interessant. Meine Aufgabe ist es, gemeinsam mit den Hochschulen mit diesen Daten zu arbeiten und zu verstehen, wie wir Hochschulen damit unterstützen können. Konkret arbeite ich zum Beispiel mit Career Services zusammen, um die Corporate Relations auszubauen, oder mit Marketingabteilungen, die mehr über die Karriereerwartungen und Erfahrungen ihrer Studierenden und Alumni wissen möchten – aber auch mit Lehrenden, Dekanaten oder Präsidien. Den meisten Hochschulen ist heute bewusst, dass Sie einen Großteil ihrer Studierenden für eine Wirtschaftskarriere ausbilden und sie dementsprechend auch Angebote schaffen müssen, um auf den Übergang zum Berufsleben vorzubereiten. Und wie bei den Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten, gehört auch für die Hochschulen an den Anfang eines strategischen Prozesses, die Bedürfnisse der Zielgruppe zu verstehen. Ich werde ein paar konkrete Beispiele mit nach Leipzig bringen, um aufzuzeigen, wo der Dialog über die Talente zwischen Hochschulen und Arbeitgebern noch nicht auf Augenhöhe passiert. Aktuell sprechen wir mit den Hochschulen und Universitäten sehr viel über berufliche Fitness und Employability Security.

Wald: Eine Frage zum Schluss. Warum nehmen Sie am HR Innovation Day teil?
Kaltenborn: Weil ich glaube, dass es extrem wichtig ist, dass junge HR-Professionals verstehen, was für tolle Datenpools es bereits gibt, mit denen sich extrem spannende Insights und Arbeitsgrundlagen schaffen lassen. Schon während meiner Zeit als Dozent für Marktforschung habe ich gemerkt, dass die größte Hürde bei den Studierenden meist die Methodenkompetenz war. Damit meine ich nicht, die Befragungen selbst durchzuführen und auszuwerten, sondern zum Beispiel, Methodik zu hinterfragen, und vor allem, mit den Ergebnissen zu arbeiten – Themen, die Sie auch hier im Interview angesprochen haben. Daher bin ich sehr froh über Ihre Einladung nach Leipzig.

Wald: Herzlichen Dank für das Gespräch. Ich freue mich sehr auf Ihren Beitrag und die Diskussionen zum Thema „Arbeitgeberrankings“.

Tim Kaltenborn von Universum
Tim Kaltenborn ist University Relations Manager DACH bei Universum. In dieser Rolle verantwortet er die Themengebiete Higher Education Branding, Career Management und Student Employability. Er führt regelmäßig Hochschulworkshops zu diesen Themen durch und berät die Partnerhochschulen von Universum im Bereich Corporate Relations und Markenmanagement. Als Methodenspezialist basiert Tim Kaltenborn seine Workshops und Beratungsansätze meist auf Forschungsdaten, ist zudem gern gesehener Gastautor bei verschiedenen Blogs und regelmäßiger Speaker auf Messen und Tagungen.

Universum ist der globale Spezialist und Pionier im Employer Branding – also dem Aufbau einer Arbeitgebermarke. Weltweit werden pro Jahr in nahezu 40 Ländern und in enger Zusammenarbeit mit mehr als 2000 Hochschulen mehr als 700 000 Studierende und junge Berufstätige zu ihren Arbeitgeberpräferenzen, Karrierevorstellungen und Kommunikationsvorlieben befragt. Die Ergebnisse der Umfrage sind Grundlage für das Universum Arbeitgeber-Ranking und für Studien, in denen die Treiber der Arbeitgeberattraktivität analysiert werden. Auf Grundlage der Erkenntnisse aus diesen Umfragen und Studien können Unternehmen und Institutionen die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter und ihre Attraktivität als Arbeitgeber verbessern. Mehr über Universum unter www.universumglobal.com.

1 Kommentar:

  1. Hochschulmarketing ist wirklich bei der Rekrutierung bestimmter Zielgruppen ein wirklich mächtiges Werkzeug, da man ja gleich die Richtige Fachrichtung ansteuern kann.

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