Donnerstag, 8. August 2013

Transparenz im Rekrutierungsprozess - Der Blick aufs Team - Neue Möglichkeiten ohne Grenzen?

Das Thema Transparenz aus HR-Sicht beschäftigt mich seit einiger Zeit. Für mich ist es eine Tatsache, dass die zunehmende Nutzung von Social Media in allen Prozessen des Personalmanagements, ob gewollt oder ungewollt Transparenz mit sich bringt. Nach dem Interview mit Frau Martens zur „gewollten“ Transparenz im Rekrutierungsprozess bin ich zwischenzeitlich auf weitere Anknüpfungspunkte gestoßen.

Heute möchte ich dazu Herrn Mollet von eqipia befragen. Mit eqipia können rekrutierende Unternehmen den Interessenten die Mitglieder ihres künftigen Teams zeigen. Die betreffenden Mitarbeiter publizieren dabei via Schnittstellen zu Xing und Linkedin Informationen zu ihrer Ausbildung und Berufserfahrung und der Bewerber sieht auch die gemeinsamen Kontakte. Bewerber können sich dadurch recht schnell einen Überblick über das soziale Umfeld bzw. die zukünftigen Kollegen verschaffen. Aber: Dadurch wird eine von den Unternehmen nicht kontrollierbare Transparenz möglich. Was versprechen sich die Unternehmen von eqipia?

Wald: Damit hätte ich auch schon die erste Frage gestellt. Vornweg aber ein herzliches Dankeschön an Herrn Mollet, dass er für dieses Gespräch zur Verfügung steht.
Mollet: Sehr gerne! Unternehmen, welche eqipia einsetzen, wollen sich einerseits als innovative und transparente Arbeitgeber darstellen. Gleichzeitig erhoffen sie sich aber auch bessere Bewerbungen durch eine positive Selbstselektion.

Wald: Welche Auswirkungen hat die Nutzung Ihrer Angebote auf die  Bewerbungsprozesse? Gibt es hier Unterschiede im Vergleich zum klassischen Ablauf?
Mollet: Aus den Rückmeldungen der Recruiter wissen wir, dass die Bewerber besser informiert und vorbereitet zu den Bewerbungsprozessen erscheinen. Sie wissen bereits, mit wem sie es zu tun haben und was deren Background und Interessen sind. Diese Informationen können durchaus auch als Eisbrecherthemen dienen. Gut vorbereitete Bewerber legen zum Beispiel im Bewerbungsgespräch auch dar, wie sie mit ihren Skills das bestehende Team ergänzen können.

Wald: Kommen wir noch einmal zum Thema Transparenz. Wo sehen Sie positive Auswirkungen von eqipia? Wo gibt es ggf. Gefahren bei der Rekrutierung? Wie gehen Sie oder die Unternehmen damit um?
Mollet: Bei vielen Unternehmen ist zu Beginn die Angst vorhanden, so viele Informationen über ihre Mitarbeiter preiszugeben. Gerade in Deutschland sind diese Bedenken grösser als in der Schweiz oder in Österreich. Schlussendlich aggregiert eqipia aber nur Daten, welche so bereits in den sozialen Netzwerken publiziert sind. Vielen HR-Verantwortlichen ist nach unseren Erfahrungen gar nicht bewusst, welche Informationen über ihre Mitarbeiter bereits heute öffentlich verfügbar sind.

Wald: Viele Bewerber haben bestimmt Fragen an die zukünftigen Kollegen oder auch Fragen an diese, wenn es mit der Bewerbung nicht geklappt hat. Wie gehen Sie mit Anfragen dieser Art um?
Mollet: Wir haben bewusst darauf verzichtet, Kontaktdaten der Teammitglieder zu veröffentlichen. Wir wollen, dass der Rekrutierungsprozess weiterhin möglichst kontrolliert via HR läuft. Aber selbstverständlich kann ein Bewerber auf diese Weise auch via Xing mit einem Mitarbeiter Kontakt aufnehmen, gerade wenn er einen gemeinsamen Kontakt hat. Wenn er so an authentische Informationen gelangt, erachten wir dies als absolut positiv.

Wald: Wie reagieren die zukünftigen Kollegen auf die Präsentation Ihrer persönlichen Informationen?
Mollet: Bislang gab es nur ganz vereinzelt Mitarbeiter, welche keine Informationen veröffentlichen wollten. Der Mitarbeiter hat aber in jedem Fall die volle Kontrolle über die Daten und bestimmt selber, welche Informationen veröffentlicht werden.

Wald: Als etwas „älterer“ Personaler stelle ich mir vor, dass es sehr herausfordernd sein kann, mit der von Ihnen hergestellten Transparenz umzugehen. Gab es dabei schon kritische Situationen?
Mollet: Kritisch würde ich nicht sagen, aber  wir merken in den Beratungsgesprächen schon, dass sich ältere Personaler stärker überwinden und sich einen Ruck geben müssen. Jüngere "Semester" verstehen den Nutzen umgehend und fragen uns manchmal, weshalb niemand vorher auf diese simple Idee gekommen ist.

Wald: Von wem stammt letztlich die Idee Ihres Angebots?
Mollet: Eqipia wurde von Markus Popp und mir konzipiert. Markus ist ein Experte für Digital Marketing und entwickelte diverse neue Online-Geschäftsmodelle und komplexe Web-Plattformen. Und ich habe ein Jahrzehnt Erfahrung im Employer Branding und liebe es, neue Wege einzuschlagen um Unternehmen zu helfen, die richtigen Talente zu finden. Entsprechend war dies «the perfect match».

Wald: Wie sieht es mit Ihren bisherigen Erfahrungen aus? Wie geht es weiter? Gab es bei der Umsetzung ggf. auch schon rechtliche Probleme? Wo sehen Sie Grenzen Ihres Angebots?
Mollet: Das Feedback ist durch’s Band hinweg positiv. Da mit dieser Transparenz aber auch meistens ein Kulturwandel einhergeht, braucht die Einführung bei den Unternehmen mehr Zeit als ursprünglich erwartet. Rechtliche Probleme gab es noch nie und Kunden wie Credit Suisse, KPMG oder die Schweizerischen Bundesbahnen haben unser Tool auch auf Herz und Nieren geprüft. Von den Kunden erhalten wir laufend Ideen, was eqipia auch noch abdecken könnte. In einem nächsten Schritt wollen wir die Teammitglieder noch stärker motivieren, die Stellenanzeige in ihren sozialen Netzwerken zu teilen und so für relevante Reichweite zu sorgen. Hier haben wir ein paar spannende Ideen für ganz neue Ansätze im Bereich der Mitarbeiter-Empfehlungsprogramme.

Wald: Wie ist Ihre persönliche Meinung zur Transparenz im Rekrutierungsprozess? Wohin geht die Reise?
Mollet: Die Transparenz wird weiter zunehmen, da bin ich mir sicher. Die Unternehmen müssen sich weiter öffnen und Bewerber und HR-Verantwortliche begegnen sich endlich auf Augenhöhe. Bislang wusste HR alles über den Bewerber und der Bewerber kaum etwas über das Unternehmen. Interessant zu sehen wird sein, ob immer mehr Unternehmen auch Angaben zu den Anstellungsbedingungen, insbesondere dem Lohn, in der Anzeige publizieren werden.

Wald: Lieber Herr Mollet, herzlichen Dank für das offene Gespräch. Ich wünsche Ihnen und eqipia weiterhin viele und anhaltende Erfolg.

Seit rund 10 Jahren bewegt sich mein Gesprächspartner - Herr Dr. Patrick Mollet - in den Bereichen Personalmarketing und Recruiting sowie Employer Branding. Dabei berät er Unternehmen auf der strategischen Ebene, übernimmt aber auch die Konzeption von Projekten und Massnahmen und verantwortet darüber hinaus deren Umsetzung. Bei eqipia bringt Patrick Mollet einerseits seine langjährige Erfahrung im Bereich HR ein und verantwortet andererseits schwergewichtig die Bereiche Marketing & Sales.

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