Sonntag, 18. Mai 2025

Storytelling in Zeiten von KI und Polykrisen - Gespräch mit Tobias Hegner von VerVieVas in Vorbereitung auf den HR Innovation Day 2025

Mit den Vorbereitungen zum HR Innovation Day 2025 liegen wir gut im Plan. Heute kann ich die Interviews im Vorfeld des Events mit einem Gespräch mit Tobias Hegner fortsetzen. Auf seinen Workshop mit dem Titel „Storytelling for Change - Nutzenzentrierte Geschichten erzählen im Zeitalter von KI & Polykrisen“ bin ich schon sehr gespannt. Bereits an dieser Stelle herzlichen Dank, lieber Herr Hegner, dass Sie den HR Innovation Day 2025 mit einem Workshop bereichern und ich Ihnen heute auch einige Fragen stellen kann.

Wald: Sehr geehrter Herr Hegner, könnten Sie sich und VerVieVas kurz vorstellen?
Hegner: Sehr gerne! Ich freue mich auch schon sehr auf das gemeinsame Event! Nochmals vielen Dank für die Einladung! Kurz: Wir bei VerVieVas erklären komplexe Themen. Wir nutzen visuelles Storytelling, um den Kern-Nutzen eines komplexen Themas für unterschiedliche Zielgruppen aufzubereiten. Stellen Sie sich einen Bosch-Ingenieur vor, der so tief in seinem Thema drin ist, dass er sich mit der Erklärung seiner Passion für seine Kolleg:innen schwer tut. Wir sind der Freund aller Expert:innen. Mit Erklärvideos, Infografiken, E-Learnings und vielen weiteren Formaten nutzen wir Geschichten als Vehikel, um diese tollen Themen verständlich zu machen. Ich bin Standortleiter für VerVieVas Deutschland, Key Account Manager für Firmen wie Bosch und Mercedes und gebe mein Wissen in Form von Storytelling Workshops weiter. In Vorstellungsrunden bezeichne ich mich manchmal auch gerne als "strategischer Anforderungsmanager für Storytelling Projekte". Ich sorge dafür, dass wir all die tollen Themen, die unsere Kund:innen haben, gemeinsam in nutzen-zentrierte Geschichten umwandeln. Meine Leidenschaft ist die Frage, welche Wirkung Geschichten auf die Gesellschaft, Organisationen, oder auch die individuelle Verarbeitung unserer ganz individuellen Wahrnehmung haben. Der Mensch als Homo Narrans. Der "erzählende Mensch" steht im Mittelpunkt meiner Arbeit.

Wald: Ich habe bei VerVieVas den Slogan „Erklären liegt uns im Blut“ gelesen und empfinde diesen als sehr selbstbewusst. Was macht Sie dabei so sicher?
Hegner: Ursprünglich kommen wir aus dem Erklärvideo-Bereich. Das ist auch unsere DNA. Wir nutzen visuelles Storytelling, um komplexe Themen zu erklären. Als dann neben Videos auch noch Infografiken dazu kamen, fingen wir an, immer mehr Medienformate zu nutzen, um komplexe Themen zu erklären. Inzwischen begleiten wir große Change-Kampagnen, ganze Strategie-Programme und unsere E-Learning Abteilung nutzt Geschichten als Basis für tolle Web-Based Trainings und Lern-Kampagnen. Jede:r neue Mitarbeiter:in von uns bekommt tatsächlich am Anfang seines Onboardings das Buch " The Art of Explanation" von Lee LeFever geschenkt. Inzwischen haben wir weit über 3000 Erklärprojekte gemacht. Dieser Fokus prägt unser ganzes Schaffen.

Wald: Was ist visuelles Storytelling? Was kann es bewirken und welchen Einfluss besitzt hier die Komponente KI?
Hegner: Visuelles Storytelling ist eine besondere Form des Geschichtenerzählens. Wir nutzen Bilder und Visualisierungen, um Kernaussagen deutlich zu machen. Der Spruch "ein Bild sagt mehr als tausend Worte" kommt genau daher. Wir Menschen verstehen schon mit einem einzigen Bild komplexe Kontexte. Visuelle Geschichten gehen hier sogar noch einen Schritt weiter. Diese visuellen Szenarien können sich nun entwickeln und sind dynamisch. Bilder im Kopf sind dann auch die zentralen Anker, die Emotionen transportieren und hervorrufen. In einer Welt, in der unsere Aufmerksamkeit konstant in alle Richtungen gezogen wird, helfen Geschichten, sich auf einen roten Faden zu konzentrieren. Umgekehrt helfen Geschichten genau dabei, diesen roten Faden auch länger in Erinnerung zu behalten. Bevor wir ein fertiges Erklärvideo, oder auch einen Hollywood Film, auf der Leinwand zu sehen bekommen, wird schon in der Konzeptphase überlegt, wie diese Geschichte visuell transportiert werden kann. Eine Methode dabei ist das sogenannte Storyboarding. Zu jeder Kernaussage eines Skriptes werden Bildideen gezeichnet und entwickelt. Diese helfen dabei, wichtige Punkte eines manchmal schwer verständlichen Textes zu verdeutlichen. KI spielt hier natürlich auch eine besondere Rolle. Die KI kann uns ganz neue Bildideen liefern. Die KI kann sowohl auf Text- als auch auf Bildebene neue Metaphern und Analogien entwickeln. An dieser Stelle bin ich immer ein großer Freund von "Human-in-the-Loop" Ansätzen. Wer glaubt, dass mit einem Knopfdruck eine emotionale Geschichte entsteht, liegt (aktuell) leider noch daneben. Stattdessen nutzen wir KI, um unser Kontextwissen zu erweitern. Die Stärken, die wir in der Firma durch jahrelange Detailarbeit haben, werden nun noch prominenter, weil wir KI als Superpower im Hintergrund haben und genau einschätzen können, welcher Output auch tatsächlich unseren Ansprüchen genügt. 

Wald: Können Sie das anhand konkreter Erfahrungen aus einem Projekt beschreiben?
Hegner: Stellen Sie sich vor, ein neuer Kunde kommt zu uns und würde gerne mit uns seine Strategie für das Jahr 2030 an alle seine Mitarbeiter:innen kommunizieren. Es gibt viele Präsentationen, das interne Kommunikationsteam hat schon eine erste Stakeholder-Analyse erarbeitet. Nun gehen wir gemeinsam auf die Suche nach dem zentralen Narrativ und den Storytelling-Formaten, die wir nutzen könnten, um dieses komplexe Thema aufzubereiten. Hier kann KI (natürlich nur in sicherer und datengeschützter Umgebung) helfen, diese vielfältigen Informationen zusammenzufassen. Wir können unsere eigene Analyse und Recherche über die Zielgruppen erweitern und neue Formatideen brainstormen. An dieser Stelle machen wir sehr oft auch einen Sprung in die Entwicklung sogenannter Storymaps. Das sind visuelle Infografiken, die alle zentralen Aussagen und Themengebiete der Strategie auf einem großen Plakat zeigen. Das hilft uns und dem Kunden, das große strategische Narrativ (die übergeordnete Erzählung) in Form konkreter und stringenter Geschichten greifbar werden zu lassen. Auch hier kann die KI helfen, Lücken zu schließen und aufeinander aufbauende Formate zu evaluieren. Eine gute Kampagne lebt natürlich vom Wechselspiel mit allen Zielgruppen. Ich sage immer ganz gerne: “Unsere Erklärvideos sind eine Einladung zum Dialog.” Diesen Mix aus Medien und Interaktion zu begleiten macht unseren Job so spannend.

Wald: Was können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Ihrem Workshop erwarten?
Hegner: Mein Workshop kombiniert eine kurze Analyse unserer heutigen krisenbehafteten Zeit mit der hoffentlich positiven Botschaft, dass wir alle auf individueller sowie kollektiver Ebene gemeinsam auch positive und vor allem nutzen-zentrierte Geschichten schreiben und leben können. In der heutigen Zeit können wir es uns nicht mehr leisten, unklar zu kommunizieren. Deswegen ist eine Reflektion des zentralen Nutzens unserer Botschaften so wichtig. Ich stelle unsere Methode des nutzen-zentrierten Storytellings vor und gemeinsam reflektieren wir die Rolle von KI in der internen Kommunikation. Ganz praktisch: Mein Ziel ist es, dass die Teilnehmer:innen anhand der eigenen Themen lernen, nutzen-zentrierte Geschichten zu erzählen.

Wald: Wie lassen sich Kompetenzen zum Storytelling erfolgreich vermitteln?
Hegner: Von Kindesbeinen an sind wir mit Geschichten in Kontakt. Wir alle sind schon Storyteller:innen. Wenn wir abends nach Hause kommen und unserer Familie erzählen, wie der Tag so lief, erzählen wir eine Geschichte. Oftmals braucht es nur ein wenig Ermutigung, um aus dem gerade hier in Deutschland gelernten, trockenen Sprachmuster auszubrechen. Hier helfen Methoden wie die "kleine Heldenreise". Eine Kreativübung auf sechs Feldern, die dazu anleitet, in 60 Sekunden eine kleine Skizze für jedes Feld zu zeichnen. Jedes Feld repräsentiert dabei eine Stufe der Heldenreise. Es ist erstaunlich, wie kreativ wir sein können, wenn wir unsere vielen Gedanken in Form von Geschichten zusammenfassen. Lernen lebt ja vor allem auch von der Freude, neue Dinge zu entdecken. Mit ein wenig Wissen um die Struktur von Geschichten können wir sehr schnell tolle Geschichten entwickeln.

Wald: In welcher Situation ist das von Ihnen beschriebene Storytelling richtig und wann ist es ggf. falsch?
Hegner: Ich glaube, es gibt selten ein klares “richtig”, und ein klares “falsch”. Jede Erzählung, jegliche Kommunikation ist ja immer kontextabhängig. Wenn ich auf die heutige Medienlandschaft schaue, denke ich mir, eine Geschichte ist dann falsch, wenn sie sowohl faktisch als auch moralisch/ ethisch falsch ist. Wobei wir ja alle wissen, dass Fakten alleine schon sehr unterschiedlich interpretiert werden können. Der/die ehrbare Storyteller:in - angelehnt an den "ehrbaren Kaufmann" - nutzt Storytelling und das Bewusstsein um die Wirkung von Geschichten zum Positiven und Guten. Auch hier hilft eine Reflektion des Kernnutzens unserer Kommunikation. Die Intention muss sein, etwas Sinnvolles zu vermitteln. Wobei “Sinn” natürlich im Auge des Betrachters liegt.

Wald: Meine Standardfrage stelle ich immer zum Schluss der Interviews. Warum kommen Sie zum HR Innovation Day nach Leipzig?
Hegner: Ich freue mich auf den Austausch und das gemeinsame Networking. Die Rolle von HR ist für mich eine der ganz zentralen Hebel, um positive Veränderungen im Unternehmen zu begleiten. Das tolle Programm trägt sein Übriges auf meine Vorfreude bei. Ich war auch tatsächlich noch nie in Leipzig. =) Habe aber schon viel Tolles über die Stadt gehört.

Wald: Herzlichen Dank für dieses interessante Gespräch. Auf Ihren Workshop bin ich schon sehr gespannt.
Hegner: Ich danke auch!

Tobias Hegner ist seit mehr als 7 Jahren für VerVieVas tätig. Davor hat er an der Universität Wien ein Masterstudium Publizistik und Kommunikationswissenschaften absolviert. Darüber hinaus ist er als Gastdozent an der Universität Tübingen tätig.


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