Peter: Lieber Christoph, wie ist es Dir seit dem Workshop im Jahr 2016 ergangen? Was waren neben den HR BarCamps die Highlights?
Christoph: Hallo Peter, sehr gut, danke der Nachfrage. Ja, die HR BarCamps sind immer wieder schöne und inspirierende Events. Sonstige Highlights? Ich sag´s mal so: Bei unserer Arbeit rund um die Recruiting-Optimierung in Unternehmen bemerken wir, dass das Thema Personalbeschaffung immer mehr auch in der Breite als erfolgskritisch angesehen wird und dass Arbeitgeber hier investieren. Das ist eine erfreuliche Entwicklung, wenn auch eine notwenige.
Peter: Was meinst Du? Gibt es bei den Personalern mittlerweile ein ausreichendes Verständnis für das Thema kulturelle Passung bzw. „Cultural Fit“?
Christoph: Teilweise, in der Tendenz steigend. Personaler haben für das Thema Kultur sowieso oft die feineren Antennen. Das Thema Cultural Fit ist ja eine operationalisierte Spielart von Unternehmenskultur im Recruiting und Employer Branding. Hier kann ich in jedem Fall von steigendem Interesse berichten. Schön ist, dass auch immer mehr Geschäftsführungen sich der Bedeutung des Themas Kultur im Talentwettbewerb und damit des Cultural Fits bewusst werden.
Peter: Wo siehst Du den praktischen Nutzen bei der Anwendung von Cultural Fit?
Christoph: Ein hoher Cultural Fit eines Mitarbeiters mit seinem Arbeitgeber stärkt die Identifikation mit diesem und trägt zu größerer Leistungsbereitschaft, höherer Arbeitszufriedenheit und tendenziell längerer Mitarbeiterbindung bei. Mit Blick auf die einschlägige Forschung zur Materie (z.B. Kristof-Brown, 2005) erzähle ich hier nichts neues. Im Recruiting kommt noch ein sehr spannender Aspekt hinzu: Jobinteressenten können, sofern sie in die Lage versetzt werden ihren Cultural Fit mit Zielunternehmen zu ermitteln, besser entscheiden, ob eine Bewerbung dort Sinn macht. So trägt eine klare Cultural Fit Auskunft dazu bei, dass gut passende Bewerber eher motiviert werden sich zu bewerben. Weniger passende Bewerber sehen dann eher von der Bewerbung ab. Eine sog. positive Selbstauswahl greift, die beiden Seiten hilft. Ein solches e-Self-Assessment bieten wir deswegen auch als Feature unseres Cultural Fit Evalueator an.
Peter: Wie begegnest Du dem bekannten Klon-Krieger-Argument? Oder anders gefragt: Führt Cultural Fit nicht letztlich zu Mitarbeitern und Führungskräften mit gleichen Werten?
Christoph: Das könnte passieren – wenn man´s mit der kulturellen Passung übertreibt. Insofern widerspreche ich da gar nicht. Ein radikal umgesetzter Cultural-Fit-Ansatz, wo man nur nach Gleichheit strebt, ist sicher irgendwann kontraproduktiv. Ich stelle also die Frage, wie kann man das vermeiden? Genau: In dem man den Cultural Fit transparent macht, an klare Kriterien koppelt und so auch mal bewusst für einen 65%-Match und gegen einen 95%-Match entscheiden kann – weil es in der Situation oder Position Sinn macht. Gerade daher sollten Arbeitgeber Cultural Fit zu einem bewussten Anliegen macht – dann braucht´s auch keine Angst vor´m Klon-Krieger ;-)
Peter: Wie können Personaler und ggf. auch Bewerber erkennen, dass Sie es mit einem fundierten Ansatz bei der Beschreibung des Cultural Fits zu tun haben?
Christoph: Ein wichtige Frage, da ja doch leider einiges an „Voodoo“ zu dem Thema auf dem Markt ist. Hinsichtlich des Ansatzes sollten Unternehmen stets nach dem Modell hinter der Cultural Fit Messung fragen. Ist es aus der einschlägigen Wissenschaft übernommen worden und zwar in seiner Substanz? Oder hat sich der Anbieter einfach ein paar Einzelaspekte genommen und drum-herum gedichtet? Zum Beispiel sollte es einem zu denken geben, wenn ein Ansatz sagt, er würde auf dem bekannten Big-Five-Modell der Persönlichkeit basieren, dann aber sieben Persönlichkeitsdimensionen anführt. Dass sich dazu noch toll-klingende Erläuterungen zu „Neuro“-Wissenschaften anschließen, ohne eine konkrete Forschungsarbeit zu nennen, rundet ein solch fragwürdiges Bild aus meiner Sicht ab. Wer neben einem guten Messmodell auch noch wissenschaftliche Kriterien für die Umsetzung und Entwicklung eines Tests präsentiert bekommt, hat sicherlich einen fundierten Ansatz vor sich.
Peter: Was können Unternehmen jenseits von Tests machen, um insbesondere im Personalmanagement kultursensibler vorzugehen?
Christoph: In jedem Fall über die eigene Unternehmenskultur nachdenken und bestimmen, was für Werte wichtig sind und welche Eigenheiten es gibt. Diese Informationen, ich nenne sie die „Cultural Contents“, sollte man in der Employer Brand Kommunikation offensiv einsetzen. Wie sieht es im Betrieb aus? Wie ist der Dresscode? Was machen die KollegInnen in ihren Projekten? Was ist den MitarbeiterInnen wichtig, wofür brennen sie? Aber auch: Was ist manchmal hart hier, welche Kröte muss man vielleicht auch schlucken? Solche Infos sind wertvoll und am besten über viele verschiedene Medien kommuniziert: Fotos, Videos, Karrierewebseite, Facebook, Stellenanzeigen. Wer dann noch Cultural Fit klar definiert und auf Kriterien basiert im Interview zum Thema macht, hat schon sehr viel getan in der Sache.
Peter: Eine wichtige Frage zum Schluss. Warum kommst Du erneut zum HR Innovation Day?
Christoph: Es ist immer wieder ein anregendes Event. Klasse Themen sowieso und zudem die Möglichkeit sich immer weiter mit HR-Innovatoren zu vernetzen. Das schätze ich sehr. Außerdem ist es mir eine Freude Dein nicht-kommerzielles Event mit meinem bescheidenen Workshop zu unterstützen. Als alter HR BarCamper weiß ich ja, wie wichtig es ist aktive Leute auf der Veranstaltung zu haben ;-)
Peter: Ich danke Dir für die erneute Unterstützung des HR Innovation Days. Ich freue mich auf das Wiedersehen beim HR Innovation Day 2018.
Christoph Athanas |
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen