Freitag, 25. Juli 2025

Wie steht es um den Stellenmarkt im ersten Halbjahr 2025? - Update mit Index-CEO Jürgen Grenz


Das erste Halbjahr 2025 liegt hinter uns. Nach den Gesprächen mit Jürgen Grenz, dem CEO der Index Gruppe, über die Entwicklung des Stellenmarktes im Jahr 2024 dürfte es die Leserinnen und Leser meines Blogs interessieren, wie sich der Stellenmarkt im ersten Halbjahr dieses Jahres entwickelt hat. 

Haben sich die Entwicklungen aus dem Jahr 2024 fortgesetzt? Entlassen Unternehmen also weiterhin Mitarbeitende und stellen gleichzeitig neue ein? Oder dominiert inzwischen der Personalabbau?

 Über diese und weitere Fragen habe ich mit Index-CEO Jürgen Grenz gesprochen. Seine Einschätzungen sind regelmäßig Thema in meinen Lehrveranstaltungen und helfen mir auch dabei, Führungskräfte und HR-Verantwortliche für aktuelle Entwicklungen auf dem Stellenmarkt zu sensibilisieren.

Wald: Lieber Herr Grenz, vornweg herzlichen Dank, dass Sie mir erneut als kompetenter Gesprächspartner zur Verfügung stehen.
Grenz: Sehr gerne, Herr Prof. Wald.

Wald: In unserem letzten Interview haben Sie geäußert, dass Sie die Entwicklung des Stellenmarktes im vierten Quartal 2024 vorsichtig optimistisch stimmt. Hat sich dieser Optimismus bewahrheitet?
Grenz: Leider nicht. Viele Unternehmen halten sich mit Neueinstellungen spürbar zurück. Die schwache Weltwirtschaft trifft die exportorientierte deutsche Industrie besonders empfindlich. Unsicherheiten, etwa durch Trumps Zollpolitik, verschärfen die Lage zusätzlich. Auch die hohen Energiepreise bremsen vor allem das verarbeitende Gewerbe weiter aus. Die geplante Senkung der Stromsteuer für Unternehmen ist daher ein Schritt in die richtige Richtung, aber kein Befreiungsschlag.



Wald: Heute richtet sich der Blick auf das erste Halbjahr 2025. Angesichts der m. E. sehr differenzierten und schwankenden wirtschaftlichen Bedingungen bin ich gespannt zu hören, wie sich der Stellenmarkt insgesamt entwickelt hat. 

Grenz: Der Stellenmarkt hat sich deutlich eingetrübt. Im ersten Halbjahr 2025 wurden bundesweit rund 5,6 Millionen Stellen ausgeschrieben. Das sind zehn Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Damals lag das Jobangebot noch bei fast 6,3 Millionen Stellen. Der Rückgang zeigt: Die Zurückhaltung der Arbeitgeber nimmt zu. Eine Trendwende ist bislang nicht in Sicht.




Wald: Waren alle Regionen Deutschlands gleichermaßen vom Rückgang der Stellenangebote betroffen?
Grenz: Das Stellenangebot ist in nahezu allen Regionen zurückgegangen. Am stärksten betroffen waren Baden-Württemberg mit minus 9 Prozent und Bayern mit minus 8 Prozent. Hauptursache ist die angespannte Lage bei den Automobilherstellern und ihren Zulieferern, die im Süden der Republik stark vertreten sind. Gegen den Trend legten Thüringen mit plus 3 Prozent und Mecklenburg-Vorpommern mit plus 1 Prozent beim Stellenangebot leicht zu. Positiv ist immerhin, dass es in keinem Bundesland prozentual zweistellig zurückging.





Wald: In unserem letzten Gespräch haben Sie auch die Entwicklung des Stellenmarktes in den großen Städten verglichen.

Grenz: Die Konjunkturflaute trifft viele Großstädte besonders hart. In Stuttgart und Köln sank das Stellenangebot um 12 bzw. 10 Prozent. Beide Städte sind stark von der Automobilindustrie geprägt, in der derzeit Neueinstellungen häufig auf Eis gelegt werden. Mit minus 3 Prozent fiel der Rückgang in Hannover und Bremen deutlich moderater aus. Frankfurt am Main sticht mit einem Plus von 3 Prozent beim Stellenangebot positiv heraus, vor allem dank der steigenden Personalnachfrage im Bankensektor.



Wald: Lassen sich im ersten Halbjahr 2025 auch bei verschiedenen Berufsgruppen Veränderungen erkennen?



Grenz: In fast allen Berufsgruppen wurden weniger Stellen ausgeschrieben. Am stärksten schrumpfte das Stellenangebot im Personalwesen, und zwar um 16 Prozent. Ich sehe diesen Rückgang besonders kritisch, weil unterbesetzten HR-Abteilungen Ressourcen für notwendige Maßnahmen im Bereich der Personalentwicklung, -bindung und dem Recruiting fehlen. Für strategische Projekte bleibt dann kaum Zeit. Auch im Bereich Forschung und Entwicklung gab es 14 Prozent weniger Stellenausschreibungen. Für ein rohstoffarmes Land wie Deutschland, das sich nur durch permanente Innovationen im internationalen Wettbewerb behaupten kann, ist das ein alarmierendes Signal.


 
Wald: Gibt es auch Berufsgruppen, in denen der Personalbedarf gestiegen ist?
Grenz: Trotz der schwachen Konjunktur ist der Fachkräftemangel nach wie vor ein großes Thema. Viele Unternehmen suchen daher nach wie vor neue Mitarbeitende. So ist das Stellenangebot für Fachkräfte in Wissenschaft, Aus- und Weiterbildung im ersten Halbjahr um 3 Prozent gestiegen. Das Jobangebot für Gesundheits- und Pflegepersonal sowie für Rechts- und Steuerexperten hat sogar um 4 Prozent zugelegt. 



Wald: Mit Blick auf die verschiedenen Berufsgruppen interessieren mich natürlich die Entwicklungen der Stellenangebote für klassische Blue-Collar-Jobs im Vergleich zu den Office-Jobs.
Grenz: Blue-Collar-Berufe waren weniger stark vom Stellenrückgang betroffen als Bürojobs. Am gefragtesten blieben Bauarbeiter und Handwerker: Mit über 1,4 Millionen Ausschreibungen gab es für sie das größte Jobangebot, trotz eines leichten Rückgangs um 2 Prozent. Für Beschäftigte in Transport, Verkehr und Logistik sank die Anzahl der veröffentlichten Stellen dagegen um 6 Prozent.



Wald: Was meinen Sie? Lassen sich hier mittel- und langfristige Trends der Stellenmarkt-Entwicklung erkennen?
Grenz: Kurzfristig ist kaum eine Besserung in Sicht. Deutschland befindet sich im dritten Rezessionsjahr. Mittel- und langfristig bleibt der Fachkräftemangel bestehen, vor allem durch den Renteneintritt der Babyboomer. Es werden viele Blue-Collar-Stellen frei – vom Handwerk bis zur Pflege. Im Office-Bereich könnte hingegen der Einsatz von KI zu weiteren Stellenstreichungen führen.



Wald: Da ich bei meinem Event - dem HR Innovation Day 2025 - auch einen Vertreter Ihres KI-gestützten Outplacement-Services Talent-Placement begrüßen durfte, drängt sich die Frage auf, wie sich die Nachfrage nach Talent-Placement entwickelt hat.
Grenz: Unser KI-gestützter Outplacement-Service Talent-Placement ist aktuell stark gefragt. Immer mehr Unternehmen befinden sich in Change-Prozessen und möchten Trennungsprozesse professionell und fair gestalten. Klassische Outplacement-Mandate sind jedoch teuer und deshalb meistens Führungskräften vorbehalten. Unser digitales Modell ist deutlich günstiger und ermöglicht es Unternehmen, Fachkräften aller Hierarchiestufen ein Outplacement zu finanzieren und damit den Trennungsprozess für beide Seiten deutlich konfliktfreier zu gestalten.



Wald: Wie hat sich die wirtschaftliche Entwicklung der Index-Gruppe im ersten Halbjahr 2025 insgesamt dargestellt? Konnte sie die erfolgreiche Entwicklung aus dem Jahr 2024 fortsetzen?


Grenz: Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen entwickelt sich die Index-Gruppe stabil weiter. Wir stellen nach wie vor neue Mitarbeitende ein. Besonders stark gefragt sind derzeit drei Bereiche: unser KI-basierter Outplacement-Service Talent-Placement, unser Vertriebssystem Index Anzeigendaten und unsere Employer-Branding-Agentur.


Wald: Wie immer interessieren mich auch die Veränderungen in der Index-Gruppe. Im letzten Gespräch hatten Sie hier die Unternehmensberatung Index Business Innovation Consulting erwähnt. Was gibt es dazu zu sagen?
Grenz: Die Index Business Innovation Consulting ist nach wie vor die einzige Unternehmensberatung in Deutschland, die sich ausschließlich auf Personaldienstleister spezialisiert hat. Gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten steigt der Bedarf an praxisnaher Beratung, etwa bei der Lead-Generierung und bei der Optimierung von Vertriebsprozessen. Unser Beratungsansatz unterscheidet sich deutlich von dem klassischer Strategieberatungen: Wir liefern nicht nur Strategien, sondern setzen sie gemeinsam mit den Kunden um.




Wald: Wird es ggf. weitere Änderungen beim Leistungsangebot geben? Können Sie etwas zu Ihren konkreten Plänen sagen?
Grenz: Aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Lage vieler Personaldienstleister liegt der Schwerpunkt aktuell in der Restrukturierung von Vertriebsprozessen und insbesondere in der Einführung bzw. der Intensivierung des Profilvertriebes. Hinzu kommt die Beratung hinsichtlich der strategischen Ausrichtung des Leistungsportfolios in Hinblick auf wachsende Branchen und Berufsgruppen.

Wald: Ganz herzlichen Dank für das erneute, sehr informative Gespräch. Ich wünsche Ihnen und der Index-Gruppe ein weiterhin erfolgreiches Jahr 2025.
Grenz: Sehr gerne, Herr Prof. Wald.

Mein Gesprächspartner
 Jürgen Grenz ist CEO der 1994 gegründeten Index-Gruppe, die heute rund 200 Mitarbeitende beschäftigt. Die Unternehmensgruppe ist Spezialist für Vertriebsoptimierung, Employer Branding, Personalmarketing, HR-Consulting, Personalmarktforschung und Outplacement. Zu diesen Themenfeldern berät Index Unternehmen, Personaldienstleister, Verlage, Jobbörsen, Agenturen, öffentliche Einrichtungen und Verbände. Mit ihrer Stellenanzeigen-Datenbank Index Anzeigendaten ist die Gruppe europäischer Marktführer in der Analyse des Stellenmarkts.




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.