Wald: Über die Beiträge in den einschlägigen Social Media kenne ich Sie schon recht lange und lese diese sehr gern. Welche Bedeutung besitzen Social Media für das Employer Branding?
Rose: Wenn man klar zwischen Employer Branding (also der Markenbildung und Positionierung eines Arbeitgebers) und dem konkreten Recruiting unterscheidet, lautet meine Antwort: Social Media sind sehr wichtig, insbesondere Facebook, Twitter und die beiden Karriere-Netzwerke LinkedIn und XING (für Deutschland). Sie sind wichtige Touchpoints im Marketing-Mix und bieten die Möglichkeit, unmittelbar mit verschiedenen Zielgruppen in Kontakt zu kommen. Während auf XING und LinkedIn natürlich auch direkt über die Karriere gesprochen wird und man mitunter auch Bewerbungen erhält, ist das auf Twitter und Facebook noch nicht wirklich der Fall. Als Personaler freue ich mich über jeden guten Lebenslauf, egal, wie dieser mich erreicht. Im persönlichen Gespräch erfahre ich allerdings immer wieder, dass eine Bewerbung über Facebook vielen Menschen als irgendwie unseriös erscheint. Sie möchten mir lieber eine E-Mail mit Anhang schicken – obwohl eine Nachricht auf Facebook ja im Grunde das Gleiche ist.
Wald: Warum wird derzeit so häufig über Employer Branding diskutiert? Ist es nur der Fachkräftemangel, oder existieren hier auch andere Gründe?
Rose: „Nur“ der Fachkräftemangel – das trifft es schon sehr gut. Der demographische Wandel wird die Personaler – zumindest in der westlichen Welt – noch vor sehr große Herausforderungen stellen. Wir wissen im Grunde sehr gut, was da auf uns zukommt, aber die Auswirkungen sind noch nicht wirklich spürbar. Trotzdem ist es wichtig, heute mit der Stärkung der eigenen Marke zu beginnen, in 20 Jahren ist es dafür vermutlich zu spät. Der zweite große Treiber ist das Internet und die damit verbundenen Informationsmöglichkeiten für Bewerber. Noch vor 20 Jahren bestand eine Informationsasymmetrie zwischen Bewerber und Unternehmen: Der Bewerber musste – qua Lebenslauf – praktisch „die Hosen runterlassen“, über das Unternehmen konnte er aber nur herausfinden, was das Unternehmen selbst an Informationen freigegeben hatte (Berichte in Zeitungen und Word-of-Mouth einmal ausgenommen). Heute ist das anders: durch zahllose Info-Seiten, Datenbanken, Social Networks und nicht zuletzt Bewertungsplattformen wie Kununu kann sich jeder Bewerber online in wenigen Minuten ein umfassendes Bild über ein Unternehmen machen.
Die Aufgabe des Employer Brandings ist es, an diesem ständigen Dialog teilzunehmen und ihn im Rahmen der Möglichkeiten zu Gunsten des Unternehmens zu beeinflussen.
Wald: Welche dieser Aspekte werden Sie im Rahmen Ihres Vortrags besonders hervorheben?
Rose: Ich werde insbesondere über den Einsatz von Social Media im Employer Branding sprechen, vor allem Facebook und Twitter. Wir machen das seit 2008, haben in der Zwischenzeit einiges gelernt – und sind heute auf unterschiedlichsten Kanälen gut unterwegs.
Wald: Was könnten andere Unternehmen hinsichtlich des Employer Brandings von Bertelsmann lernen?
Rose: Uns zeichnet sicherlich aus, dass wir immer am Puls der Zeit sind. Unsere mehrfach prämierte Kampagne „Create Your Own Career“ hat sich beim Launch 2008 im Look & Feel grundsätzlich von allen anderen Kampagnen „da draußen“ unterschieden. Wir waren auch unter den ersten Firmen in Deutschland, die Facebook und Twitter im HR-Marketing eingesetzt haben. Mit dem Gap Year-Programm (gemeinsam mit Allianz, Henkel und McKinsey) waren wir im Jahr 2012 erneut Innovationsführer. Letztes Jahr haben wir (meines Wissens) das allererste Twitterview eines deutschen Personalchefs durchgeführt. Wir versuchen immer frühzeitig, neue Trends und Tools aufzugreifen.
Wald: Oft posten Sie Beiträge zur Positiven Psychologie. Was ist darunter zu verstehen? Wie sind Sie zu diesem neuen Feld der Psychologie gekommen?
Rose: Positive Psychologie ist ein noch recht junger Zweig innerhalb der akademischen Psychologie. Grundsätzlich beschäftigt sie sich mit Themen, die man sonst eher in Selbsthilfebüchern findet, also Fragen wie: „Wie werde ich glücklich?“, „Was macht eine erfolgreiche Beziehung aus?“, „Wie finde ich Sinn im Leben?“ Der Unterschied ist, dass sich die Positive Psychologie solchen Fragen mit wissenschaftlichen Methoden nähert, also Doppelblind-Studien und langfristigen Panel-Studien. Das gibt es in der Form erst seit den 1980er-Jahren. Ich arbeite seit 2008 durchgehend, wenn auch immer nur nebenbei, als Coach. Ich finde es sehr wichtig, mich methodisch immer auf dem neuesten Stand zu halten. Daher studiere ich seit September 2013 in Teilzeit Positive Psychologie an der University of Pennsylvania. Bertelsmann unterstützt mich großzügig auf diesem Weg. Zuvor hatte ich bereits auch ein Buch zu diesem Thema verfasst, es heißt Lizenz zur Zufriedenheit.
Wald: Welche Impulse kann die Positive Psychologie im Bereich von Führung und Zusammenarbeit setzen?
Rose: Es gibt ein eigenes Feld innerhalb der Positiven Psychologie, das meist unter dem Begriff „Positive Organizational Scholarship“ geführt wird. Es geht dabei um Fragen wie: „Welche Eigenschaften eines Chefs sorgen dafür, dass er von seinen Mitarbeitern als authentisch und inspirierend wahrgenommen wird?“, „Wie wird aus einem guten Team ein außergewöhnlich gutes Team?“, „Wie können Menschen ihr Sinnerleben auf der Arbeit steigern?“ Beispielhaft sei hier die Forschung von Jane Dutton erwähnt, deren Steckenpferd „High-Quality Connections“ im Arbeitsleben sind. Es geht dabei um Aspekte wie Wertschätzung, Respekt, Vertrauen und Authentizität. Das ist natürlich im Kern alles nicht neu. Neu ist allerdings, dass mittlerweile versucht wird, solche Aspekte mit „harten“ wissenschaftlichen Methoden zu messen – und möglichst direkt deren Auswirkung auf den Unternehmenserfolg zu quantifizieren.
Wald: Eine Frage zum Schluss. Warum nehmen Sie am HR Innovation Day teil?
Rose: Ich war jung und … Spaß beiseite: Ich glaube, dass wirklich gutes HR-Management eher Mangelware als der Regelfall ist. Ich möchte mit meinen Vorträgen dazu beitragen, dass sich das langfristig ändert. Aber natürlich nehme ich auch selbst immer viel mit durch die Vorträge der Kollegen.
Wald: Herzlichen Dank für das Gespräch und bis zum 24. Mai 2014 in Leipzig!
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