Digitalisierung fördert das Netzwerken (Foto: Wald) |
Digital und Social HR, Social Learning, Weiterbildung on Demand… Die Digitalisierung hinterlässt deutliche Spuren in Personalmanagement und -entwicklung. Wie Lernen in der Zukunft aussehen wird und was das für Personaler konkret heißt, darüber sprach mit mir Maja Kuko von AviloX. Dieses Gespräch will ich hier wiedergeben. Da nach der Erstveröffentlichung im Blog von AviloX bereits einige Zeit vergangen ist, habe ich einige Ergänzungen und Aktualisierungen vorgenommen.
AviloX: Lieber Prof. Wald, vielen Dank, dass Sie sich für ein Interview mit uns bereit erklärt haben zu einem Thema, das uns beide vermutlich gleichermaßen begeistert und fasziniert: vernetzte Arbeitswelten. Um gleich mit der ersten Frage ins Thema einzusteigen: Wie sieht die Zukunft des Lernens in Organisationen aus?
Wald: Die Zukunft des Lernens unterscheidet sich aus meiner Sicht deutlich von der Gegenwart. Dies zeigt sich vor allem in einer stärkeren Fokussierung auf das sogenannte Workplace-Learning mit neuen Lernformen wie Social, Collaborative bzw. Experiential Learning sowie beim Micro-Learning, Game based-Learning und den sogenannten MOOC’s.
Schon gewusst? Workplace Learning verknüpft formelles und informelles Lernen im Prozess der Arbeit unabhängig von Ort und Zeit und nach dem individuellen Bedarf (Micro-learning). Hierbei können Mitarbeiter ihre Lernprozesse innerhalb eines vorab definierten Rahmens und unter Einbeziehung ihres Netzwerkes (Social Learning) selbstorganisiert planen, gestalten und dokumentieren. (Vgl. Sauter & Sauter, „Workplace Learning - Integrierte Kompetenzentwicklung mit kooperativen und kollaborativen Lernsystemen“, 2014).
Der Erfolg dieser Lernformen hängt entscheidend von der Qualität der Implementierung, das heißt von den Entscheidungen der Führungskräfte und der Akzeptanz durch die Mitarbeiter/-innen ab. Die neuen Lernformen basieren auf einer stärkeren Integration des Lernens in die Arbeitsprozesse und einer intensiveren Nutzung der Möglichkeiten von Social Media bzw. der digitalen Medien. Bei der Anwendung dieser Lernformen kommen auch zunehmend informale Aspekte zum Tragen. Was fasziniert mich daran? Die neuen Lernformen dürften das Lernen und den Austausch von Wissen in den Unternehmen spürbar erleichtern. Dies habe ich zum Teil bereits mit Übungen zum Social Learning in einigen Vorlesungen mit Studierenden ausprobiert. Dabei hat sich gezeigt, dass es auch zu einer Parallelisierung von Lernformen bei der Arbeit und in der Freizeit kommen wird, weil gleiche Werkzeuge Anwendung finden bzw. Lernerfahrungen beider Bereiche genutzt werden können. Auch die neuen Möglichkeiten zum "Lernen zwischendurch" („Micro-learning“) finde ich interessant.
AviloX: Welche Konsequenzen haben die neuen Möglichkeiten des Lernens auf die Organisation selbst?
Wald: Insbesondere die informalen Lernformen sind für mich nicht zuletzt ein konkreter Ausdruck der Existenz „dualer Betriebssysteme“ in den Unternehmen (Kotter in „Accelerate“). Diese zeigen sich in Verflechtungen von traditionellen („hierarchischen“) und den schnellen („agilen“) neuen Strukturen. Führungskräfte sollten deshalb beim „neuen“ Lernen nicht nur den Startschuss geben, sondern auch selbst lernen und nachvollziehbar ihre Lernerfahrungen teilen. Schließlich können moderne Lernformen den Zugang zu Innovationen erleichtern, die den Unternehmen dann konkrete Möglichkeiten für die Weiterentwicklung eröffnen.
AviloX: Das klingt alles sehr vielversprechend. Aber Hand aufs Herz: Wo stehen die Unternehmen Ihrer Ansicht nach heute wirklich?
Wald: Eine Reihe großer Unternehmen sind bei den erwähnten Lernangeboten bereits recht weit gekommen. Häufig sehen diese Unternehmen die Implementierung neuer Lernformen als Teil ihrer digitalen Transformation und gehen konsequenterweise beim neuen Lernen strategisch vor. In kleineren und mittelständischen Unternehmen gibt es m. E. noch nicht sehr viele Erfolgsgeschichten. Die Hürden sehe ich hier zumeist in strategischen, organisatorischen, aber auch personalen Gründen. Oft fehlt es an klaren strategischen Aussagen, aber auch das Silo- oder Bereichsdenken behindert die Einführung neuer Lernformen. Hinzu kommen Fragen der Zuständigkeit, häufig auch die mangelnde Bereitschaft von Unternehmen und Führungskräften, die nötigen Freiräume für neue Lernformen zu schaffen. Es scheint insbesondere für Führungskräfte schwierig zu sein, Lernangebote zu initiieren, die nicht ihren persönlichen Erfahrungen entsprechen. Häufig wird Lernen dabei auch als eine Aktivität interpretiert, die neben der eigentlichen Arbeit steht. Hinzu kommt die nach wie vor mangelnde Akzeptanz von sozialen und digitalen Medien. Das erstaunt mich immer wieder, weil viele Führungskräfte und Mitarbeiter/-innen im privaten Rahmen sehr wohl kollaborativ lernen und beim Lernen auch intensiv auf digitale Angebote zurückgreifen (Bestes Beispiel: Lernvideos bei YouTube). In den Unternehmen werden dann aber oft massive Bedenken geäußert und es wird auf das altbewährte formelle Lernen zurückgegriffen.
In den nächsten Tagen geht es hier mit dem Teil 2 dieses Gespräches weiter.
In den nächsten Tagen geht es hier mit dem Teil 2 dieses Gespräches weiter.
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