Jana Schlegel |
Wald: Vielen Dank für die kurze Vorstellung. Wie ist Ihre Position im Personalmanagement bzw. worin bestehen Ihre konkreten Schnittstellen zum Personalmanagement?
Schlegel: In erster Linie bin ich Geschäftsführerin und weniger im Management, also der Organisation von Personal zu Hause. Zu meinen Aufgaben gehört es immer wieder den Dschungel des Tagesgeschäftes zu verlassen und zu prüfen, ob wir noch in der richtigen Richtung unterwegs sind. In unserer täglichen Praxis erleben wir leider zu oft, das Führung und Management verwechselt werden. Aus diesem Grund haben uns wir im letzten Jahr auch erstmals mit Workshops außerhalb unseres Hauptarbeitsgebietes an die Unternehmerinnen und Unternehmer im Raum Leipzig gewandt, die bisher mit strategischer Fachkräftesicherung kaum bzw. wenig Kontakt hatten.
Wald: Wie schätzen Sie den gegenwärtigen Status bzw. das Standing der Personaler insgesamt ein?
Schlegel: Zu unseren Kunden zählen in erster Linie kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Bei diesen gibt es selten Fachkräfte für den Umgang mit Personalfragen. In vielen Fällen wird dies von den Inhabern bzw. Angehörigen miterledigt. Durch unsere Netzwerkarbeit, z.B. im Unternehmensnetzwerk Erfolgsfaktor Familie, nehmen wir aber war, das es oft ein Bashing der Führungskräfte im Allgemeinen und Personalern im Besonderen gibt. Im Spannungsdreieck aus individualisierten Ansprüchen der Beschäftigten, Zunahme der Digitalisierung und Beitragserbringung für den Gesamtertrag erscheint die Aufgabe auch mehr als undankbar und schier unlösbar.
Wald: Was meinen Sie, warum wird das Personalmanagement heute (trotzdem) so oft und teilweise heftig kritisiert?
Schlegel: Die Kritik kommt in vielen Fällen ursprünglich aus der Beraterecke. Um mehr Leistungen verkaufen zu können, werden mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln (Medizin, Psychologie, Marketing und nicht zuletzt viel Zeit) immer neue Tools und Checks entwickelt. Neben dem eigentlichen Tagesgeschäft sich den Bedürfnissen der Beschäftigten zu widmen, Einsätze zu planen, Weiterbildungen zu organisieren und weitere Kompetenzen ins Unternehmen zu holen, bleibt keine Zeit sich den permanenten Veränderungen in den Blogs, sozialen Netzwerken, Magazinen und Messen zu widmen. Kritik ist angebracht, wenn Prozesse fehlerhaft sind und der Umgang nicht wertschätzend erfolgt. Natürlich gibt es neue, wissenschaftliche Ergebnisse. Die Inhaber von KMU sind Spezialisten auf ihrem Fachgebiet. Sie benötigen eine deutliche und klare Anleitung, wie neue Erkenntnisse umgesetzt werden können. Da Scheitern in Deutschland noch immer nicht erlaubt ist, finden wir 'Räume' in denen unter Anleitung eben dieser Berater experimentiert werden kann, als sehr nützlich.
Wald: Wo sehen Sie in der nächsten Zeit konkreten Änderungsbedarf bei Leistungen und Angeboten des Personalmanagements?
Schlegel: Ich habe es ja gerade kurz angerissen. Bedingt durch die gesellschaftlichen Veränderungen gibt es eine Menge Bewegung im Umgang mit den abhängig Beschäftigten. Ja, auch das Wording ändert sich und den Lesern haben sich gerade wahrscheinlich die Nackenhaare aufgestellt. In der heutigen Zeit spricht man eher von Mitarbeitenden oder Mitunternehmern. Letzteres natürlich nur, wenn es echte Mitarbeiterbeteiligung, sowohl im negativen als auch im positiven Fall, gibt. Dies konzeptionell und bis in die Praxis umzusetzen, ist eine Aufgabe des Personalmanagements.
Die Bedürfnisse der Menschen verändern sich, Werte werden neu definiert. Dies muss das Personalmanagement berücksichtigen. Die Haltung 'Früher war Schule auch Samstags.' hilft wenig. Aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten sein Talent einzubringen wird der Fachkräftemangel bei diesen Unternehmen sichtbar. Auch hier muss sich das Personalmanagement ändern und kann Impulse in die gesamte Organisation geben, um schlussendlich zum Erlös beizutragen.
Wald: Was werden die Schwerpunkte des Personalmanagements in 10 Jahren sein?
Schlegel: Diese Frage sollten Sie, sehr geehrter Professor Wald, lieber den Zukunftsforschern stellen. In Leipzig gibt es zum Beispiel den renommierten Trendforscher Sven Gabor Jansky (Wald: Leider stand dieser für ein Interview nicht zur Verfügung). Immer wieder hat er auch das Thema Arbeit in seinen Prognosen berücksichtigt. Der Blick beim Fachkräftesicherer richtet sich auf die nächsten drei bis fünf Jahre und da sehen wir die Individualisierung als einen Schwerpunkt. Wie beim Produktmarketing z.b. muss das Personalmarketing individueller auf die Wünsche und Sorgen der Kandidaten und Kompetenzträger eingehen. Und Kompetenzen hat jeder, auch der, der im Sortieren von Schrauben Erfüllung findet. Das Thema inklusiver Arbeitsmarkt wirft hier seine Schatten voraus. Und als letzten Punkt möchte ich den Themenkomplex der negativen Einkommenssteuer (BGE) anführen. Wie werden die Personalmanager jemanden motivieren für uns alle morgens um 3 Brötchen zu kneten? Provokant zurück gefragt: Muss es in 10 Jahren noch ein extra Personalmanagement geben? Oder gehört es als Querschnittsaufgabe nicht in alle Fachausbildungen?
Wald: Jetzt zur Frage 5+1 (für meine Alumni und Studierenden) Was empfehlen Sie jungen Personalern bzw. Studierenden, die eine Laufbahn im Bereich HR anstreben? Worauf sollten diese achten? Was ist und was wird wichtig?
Schlegel: Dazu kann ich leider nicht viel sagen, denn ich selbst sehe mich nicht als Personalerin. Im Rückblick auf meine eigene Karriere ist es mir immer wichtig gewesen, das zu tun, was mir Erfüllung bereitet. Abschlüsse und Scheine waren mir nie wichtig. Leider ist der Markt der Arbeitskräfte noch immer im vorigen Jahrtausend verhaftet. Ich habe mich immer darauf konzentriert, etwas an 'die' Gesellschaft zurückzugeben. So geben wir unter dem Namen Familienbüro Leipzig viele Informationen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie kostenfrei an jene weiter, die eben (noch) keinen familien- und lebensfreundlichen Arbeitgeber haben.
Wald: Sehr geehrte Frau Schlegel, ganz herzlichen Dank für die Antworten. Ich wünsche Ihnen viele Erfolge, Ideen und immer freundliche Kunden.
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