Martin Ciesielski |
Wald: Vielen Dank für die kurze Vorstellung. Wie ist Ihre Position im Personalmanagement bzw. worin bestehen Ihre konkreten Schnittstellen zum Personalmanagement?
Ciesielski: 2002 hatte ich eine Kommunikations- und Verhaltenstrainerausbildung begonnen – auch um mir mein Studium zu finanzieren. Seitdem organisiere und führe ich Team- und Führungskräftetrainings durch. Außerdem habe ich dabei geholfen, den Bereich Training und Qualifizierung der Gründungsförderung profund der Freien Universität Berlin aufzubauen. Bei meiner Arbeit geht es schwerpunktmäßig um die Begleitung von Innovationsprozessen, den kreativen und lösungsfokussierten Umgang mit Konflikten und der Begleitung digitaler Transformationsprozesse in den Unternehmen auf Personalebene. Zumeist mit der Zielsetzung Improvisationskompetenzen und Resilienzen zu entwickeln.
Wald: Wie schätzen Sie den gegenwärtigen Status bzw. das Standing der Personaler insgesamt ein?
Ciesielski: Karl Polanyi sprach in „Die große Transformation“ davon, dass es ein Recht auf Nonkonformismus geben sollte. Wenn man das konsequent zu Ende denkt, sollten Personaler dafür sorgen, dass sich Talente entfalten können und durch ihr „anders“ sein keine Abwehrmechanismen in der Organisationskultur erzeugen, sondern diese vielmehr zu Veränderungen anregen und zu einer erhöhten Resilienz hin mitentwickeln. Es muss darum geht, radikale Kooperation von einer Vielfalt an Mitarbeitern zu entwickeln. Dabei handelt es sich um eine der wichtigsten Aufgaben in Unternehmen, die sich in der digitalen Transformation befinden und dabei mit verschiedenen soziokulturellen Hintergründen, Medienkompetenzen und Generationsunterschieden umgehen müssen. Dazu braucht es allerdings neue Methoden, Mindsets und Perspektiven im HR-Bereich.
Wald: Was meinen Sie, warum wird das Personalmanagement heute (trotzdem) so oft und teilweise heftig kritisiert?
Ciesielski: Weil Standardprogramme angeboten werden. Individuelle Talententfaltung braucht Individualität auch in den Maßnahmen und Angeboten. Das widerspricht natürlich einer BWL-Denke von Effizienzen, Routinen und wiederholbaren Prozessen. Diese Übersetzungsleistung gelingt dem Personalmanagement nicht allzu häufig. Zumeist wird sich den betriebswirtschaftliche Erfordernissen untergeordnet. Außerdem scheinen Personalerinnen und Personaler sich häufig als Wächter der Organisation und Unternehmenskultur zu sehen und trauen sich nicht, die Kulturen mit schrägen Typen herauszufordern. Allerdings hängt das auch häufig mit der Fehlertoleranz zusammen, die generell im Unternehmen herrscht. Solange es darum geht, Entscheidungen dahingehend abzusichern, dass vermeintliche Fehler in der Personalauswahl, -entwicklung usw. nicht auf einen zurückfallen, wird zumeist von vornherein versucht, Fehler zu vermeiden. Der Tod einer jeden kreativen Veränderungsmöglichkeit. Auch im HR-Bereich.
Wald: Wo sehen Sie in der nächsten Zeit konkreten Änderungsbedarf bei Leistungen und Angeboten des Personalmanagements?
Ciesielski: Es kann nicht mehr um Trainings gehen, die per Definition ein bestimmtes Qualifizierungsziel haben. Wenn wir wirklich, wirklich akzeptieren, dass wir in einer volatilen, unsicheren, komplexen und mehrdeutigen Wirtschaftswelt agieren, dann müssen wir auch Personalmanagement und speziell -entwicklung als einen fortlaufenden Prozess sehen. Daher spreche ich auch gerne von „Social Prototyping“. Die Kontinuierliche Gestaltung und Entwicklung von Prototypen für die Zusammenarbeit und die gemeinsamen Kommunikationsprozesse. Anhand solcher Prototypen weiß man eigentlich auch erst, was man an Technologien in einem Unternehmen braucht.
Wald: Was werden die Schwerpunkte des Personalmanagements in 10 Jahren sein?
Ciesielski: Fragen der Fairness und Gerechtigkeit werden wichtiger werden. Wie geht man mit Spannungen um, die zwischen Freelancern, Mitarbeitern die aus Zeitarbeitsfirmen kommen und der Kernbelegschaft bestehen und sicherlich noch zunehmen werden? Damit einher gehen auch Aspekte der Rechte, Pflichten und Entscheidungsprozesse in den Unternehmen. Wer darf was mitentscheiden? Wie? Werden demokratische Entscheidungsprozesse forciert? Welche Methoden gibt es? Eine Aufgabe für das Personalmanagement könnte sein, einen Überblick über solche Verfahren und Prozesse zu haben und diese bei Bedarf zur Verfügung zu stellen bzw. die Aneignung zu begleiten. Dies beinhaltet auch einen Überblick über Softwarelösungen. Außerdem gilt es, Kompetenz im Bereich „Social Prototyping“ aufzubauen. Welche Methoden gibt es? Wie führt man diese durch? Dies betrifft entsprechende Kompetenzentwicklungen bei Mitarbeiterinnen und Führungskräften. Außerdem wird das ganze Thema Mindfulness noch an Gewicht gewinnen – wobei ich mir gar nicht so sicher bin, ob diese Methoden und Praktiken wirklich in ein Wirtschaftsunternehmen gehören oder ob sich da nicht jeder individuell und dann auch eher privat mit auseinander setzen sollte. Wobei sich in 10 Jahren vielleicht auch umso mehr die Frage stellen wird: was ist privat und was beruflich? Auch bei dieser Abgrenzung könnten Personaler vielleicht zunehmend behilflich sein. Bin ich jemand, der diese Abgrenzung braucht oder nicht?
Wald: Jetzt zur Frage 5+1 (für meine Alumni und Studierenden) Was empfehlen Sie den jungen Personalern bzw. Studierenden, die eine Laufbahn im Bereich HR anstreben? Worauf sollten diese achten? Was ist und was wird wichtig?
Ciesielski: Seien Sie menschlich! Und zwar nicht aufgesetzt professionell menschlich. Praktizieren sie irgend einen Sport oder eine Kunstform, wie z.B. Jazz oder Improvisationstheater, die ihnen Flow-Erlebnisse ermöglichen. Selbstvergessenheit, Group-Flow und Demut dem Menschen gegenüber sollte das eigene Entwicklungsziel sein, wenn man mit anderen Menschen umgehen möchte und ihnen dabei behilflich sein möchte, sich weiter zu entwickeln. Sein sie herzlich und sorgen sie sich auch um ihr eigenes Seelenleben. Body and Soul! Lernen Sie einerseits loszulassen und andererseits alles was kommt als Angebot zu nehmen! Versuchen sie sich die Grundhaltung anzueignen: „Lass den anderen gut aussehen!“. Die müssen sie mit Herz und Hirn verinnerlichen – denn die gilt es auch bei den Mitarbeiterinnen und Führungskräften zu entwickeln. Das geht nur, wenn man selbst dabei Vorbild ist.
Wald: Ganz herzlichen Dank für die Antworten. Ich wünsche Ihnen weiterhin viele und nachhaltige Erfolge, immer eine große Resonanz für Ihre Ideen und immer freundliche und aufgeschlossene Kunden.
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