Thomas Jenewein |
Wald: Vielen Dank für die kurze Vorstellung. Wie ist Ihre Position im Personalmanagement bzw. worin bestehen Ihre konkreten Schnittstellen zum Personalmanagement?
Jenewein: Bei meiner Tätigkeit geht es um die Weiterentwicklung der SAP Lernangebote aber auch um Software rund um das Lernen. Zuvor war ich ca. 15 Jahre bei SAP intern für Personalentwicklung, Lernberatung sowie Produktmanagement zuständig. Somit habe ich also die Rolle gewechselt vom Personaler hin zum Dienstleister für Personaler und SAP Kunden. Mit unseren Angeboten unterstützen wir Personaler dabei, die digitale Transformation in Ihren Unternehmen voranzutreiben. Sei es Mitarbeiter fit zu machen in SAP Software aber auch die Prozesse dahinter zu bewältigen. Auf der anderen Seite helfen wir Personalern, Lernen und Wissensaustausch an sich zu transformieren. Lernen wird meiner Meinung nach viel wichtiger als früher: ohne richtige Kompetenzen und Wissen können die heutigen Herausforderungen der Digitalisierung nicht erfolgreich bewältigt werden. Zudem wird Weiterbildung auch immer wichtiger als Faktor der Mitarbeitermotivation.
Wald: Wie schätzen Sie den gegenwärtigen Status bzw. das Standing der Personaler insgesamt ein?
Jenewein: Das ist sicher abhängig von Firma zu Firma und auch von der Geschäftsführung und dem jeweiligem HR Management. Auch wenn der Faktor Mensch bei den heutigen heutigen Herausforderungen zentral ist. Trotzdem schaffen es Personaler nicht, wie andere Supportprozesse (z.B. Finanzen oder IT), sich immer entsprechend zu positionieren.
Wald: Was meinen Sie, warum wird das Personalmanagement heute (trotzdem) so oft und teilweise heftig kritisiert?
Jenewein: Oft ist es zu stark intern orientiert, wenig am Markt, an Produkt-Innovationen oder Technologie interessiert und eher auf weiche Faktoren konzentriert. Selten treiben Personaler neue Themen: sei es neue agile Arbeitsansätze (kommen aus der IT) oder neue Kommunikationsansätze (Social Media wird eher aus PR & Marketing getrieben). Um fair zu sein: viele Personaler sind mit operativen Aufgaben, Reorganisationen etc so vereinnahmt, dass ihnen wenig Zeit für strategische Aufgaben bleibt.
Wald: Wo sehen Sie in der nächsten Zeit konkreten Änderungsbedarf bei Leistungen und Angeboten des Personalmanagements?
Jenewein: Die Begleitung eines Wandels hin zu mehr Agilität, sowie die konstruktive Begleitung der Digitalisierung. Hier können Personaler viele Stärken einbringen. Sie können auch gewährleisten, dass der kulturelle Wandel mit gestaltet wird und eine pure Technik-Zentrierung vermieden wird. Vereinfachung ist hier in Zeiten der zunehmenden Komplexität auch zentral. Daneben koennen Personaler das lebenslange bedarfsorientierte Lernen unterstützen, je danach was in ihrem Kontext gefordert wird. Vom Trainer in zum Berater ändern sich da die Rollen bzw. hin zum Moderator von Communities, Kurator externer Angebote oder auch Gestalter von Lernumgebungen.
Wald: Was werden die Schwerpunkte des Personalmanagements in 10 Jahren sein?
Jenewein: Zuerst sollte man versuchen operative Prozesse zu automatisieren, um mehr strategisch zu arbeiten. Self Services wie Urlaubsanträge oder Schulungsbuchungen werden noch lange nicht überall genutzt. Neue Themen wie künstliche Intelligenz, Supercomputing oder Big Data werden die Personalarbeit weiter beeinflussen. Sei es solche Innovationen selbst einzusetzen wie Chatbots für die Interne Beratung. Oder die Einführung mit gestalten, z. B. Arbeitsplätze und Zeitmodelle zu transformieren. Je nach Kontext fallen durch die Digitalisierung sicher auch Jobs weg - auch dieser Wandel muss konstruktiv gestaltet werden. Umgang mit verschiedenen Generationen, Diversity und Gesundheit sind weitere Punkte. Inwieweit sich eine Gig-Economy wirklich durchsetzt ist fraglich.
Einer der zentralen Faktoren bleibt immer die Schaffung von Rahmenbedingungen für motivierte, engagierte, produktive und innovative Mitarbeiter. Dies ist je nach Firmenkontext sicher unterschiedlich zu gestalten. Jedoch gibt es hier neue Ansätze, wie Behavioral Economics oder Gamification, die man prüfen muss. Leider gibt es für viele neue Herausforderungen kaum Patentkonzepte. Dabei wird das Experimentieren im Stile agiler Methoden bzw. die Anpassung an den Kontext und die Anforderungen der Kunden und Stakeholder immer zentraler. Das lernt man nur bedingt auf Kongressen, sondern nur durch eigenes Tun.
Wald: Jetzt zur Frage 5+1 (für meine Alumni und Studierenden) Was empfehlen Sie jungen Personalern bzw. Studierenden, die eine Laufbahn im Bereich HR anstreben? Worauf sollten diese achten? Was ist und was wird wichtig
Jenewein: Wir werden sicher eine starke Nachfrage nach Fähigkeiten und Wissen rund um neue Ansätze bekommen. Sei es Behavioral Economics/Gamification, Social Media, oder agile Konzepte.
Big Data und Data Science werden immer wichtiger, z.B. um die vielen Daten im HR konstruktiv zu nutzen für fairere Personalentscheidungen, oder weniger Attrition. Meine Hauptempfehlung bezieht sich auf das Experimentieren: Gründen Sie Startups als Studenten, probieren Sie neue Ansätze am eigenen Leib aus. Besser ein Praktikum und eigene Erfahrung mehr (und eine Vorlesung weniger 😀). Das macht Sie nicht nur attraktiver für Recruiter, sondern zeigt Ihnen auch selbst, was Ihnen liegt und Ihnen Spass macht.
Wald: Lieber Herr Jenewein, ganz herzlichen Dank für die Antworten. Ich wünsche Ihnen weiterhin viele Erfolge, zahlreiche neue Ideen und immer viele offene Ohren für Ihre Vorschläge.
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