Barbara Braehmer |
Peter: Wie ist Deine Position im Personalmanagement bzw. worin bestehen Deine konkreten Schnittstellen zum Personalmanagement?
Barbara: Wir sind Early Adopter - während viele Unternehmen erst beginnen, sich mit Digital HR und moderner Personalbeschaffung zu beschäftigen, können wir bereits auf praktische Erfahrungen zurückblicken. Wir recruitieren und sourcen selbst, sind also keine „darüber-reder“, sondern Praktiker und sehen unsere Position genau auch hier: In der konkreten Umsetzungsbegleitung und dem Enabeling. Gerade durch unsere Branchenunabhängigkeit können wir so Unternehmen helfen, den erfolgreichsten und effizienten Weg in Digital HR zu finden.
Peter: Wie schätzt Du den gegenwärtigen Status bzw. das Standing der Personaler insgesamt ein?
Barbara: Viele HR-Abteilungen entstanden aus der Gehaltsbuchhaltung und haben deshalb bis heute in ihrem Kern starre Verwaltungsstrukturen. Die Fixierungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz und anderen rechtlichen Regelungen steigern diesen Change-feindlichen Zustand zusätzlich. Auch sind viele Prozessabläufe besonders in den größeren Unternehmen durch Software fixiert, die nur selten unter Absprache mit den HR-Praktikern angeschafft und eingeführt wurde. Die Digitalisierung erfordert aber nicht nur ein Umdenken, sondern auch dauerhaft flexible, anpassungsfähige Organisationen, die viel Freiheit in der Entscheidung braucht. Wie zum Beispiel spezielle Gehaltsregelungen für Experten oder kürzere Wege in der Personalbeschaffung. Denn nichts in dieser vierten Phase der Digitalisierung geht mehr linear vorwärts und ständig ist mit einer Disruption und überraschenden Veränderung zu rechnen, auf die man reagieren muss. Viele Unternehmensleitungen wollen dieses Grundproblem in der HR-Organisation nicht sehen und fahren die Taktik: „Wasch‘ mich, aber mach‘ mich nicht nass‘“
Peter: Was meinst Du, warum wird das Personalmanagement heute (trotzdem) so oft und teilweise heftig kritisiert?
Barbara: Solange die Mehrheit der Personaler in ihrem administrativen Hamsterrad gefangen sind, werden sie rundum von allen kritisiert werden – und sind selbst auch unzufrieden. Ich war selbst in der Linie und gebe zu: Wenn mir die Forderungen aus den Fachbereichen zu bunt wurden, dann habe ich gerade in meinen Berufsanfängen das nicht ausgefochten, sondern aus Selbstschutz mich auch schon mal hinter dem Verwaltungsablauf oder Betriebsrat versteckt. Das ist bis heute einfach auch nötig, da jeder ja Personal „selbst kann“ oder sogar „der bessere Interviewer“ ist. Solange die Geschäftsführung der HR-Abteilung nicht den Rücken freihält, wird es schwer, dass sich solche Gewohnheiten ändern.
Peter: Wo siehst Du in der nächsten Zeit konkreten Änderungsbedarf bei Leistungen und Angeboten des Personalmanagements?
Barbara: Gerade diese reproduzierbaren Verwaltungsaufgaben können Algorithmen und die neuen komplexen Softwareprogramme erfolgreich übernehmen. Sie sind schnell enorme Arbeitserleichterungen und machen - richtig eingesetzt - den Weg frei für den Kern der Personalarbeit: Die Gespräche mit Menschen. Natürlich sehen diejenigen, die sich nicht verändern und ihr Verwaltungs-Hamsterrad nicht verlassen wollen, weil sie darin eine Existenzberechtigung sehen, hier eine Bedrohung. Und darin haben sie auch Recht: Diese Arbeitsplätze werden sicherlich durch die Digitalisierung irgendwann ersetzt. Aber im Kern braucht keiner, der veränderungsbereit ist und in einem Umfeld ist, das den Change annimmt, sich Sorgen machen. Im Gegenteil, das was kommt ist in der Summe für alle Beteiligten eine Verbesserung.
Peter: Was werden die Schwerpunkte des Personalmanagements in 10 Jahren sein?
Barbara: Im Grund sind die Personaler in 10 Jahren Change-Manager geworden. Sie helfen, die Innovation und Anpassung voranzutreiben und aus meiner Sicht, sind sie ein zentrales Rad in der Wettbewerbsfähigkeit und im Wertschöpfungsprozess der erfolgreichen Unternehmen.
Peter: Frage 5+1 (für meine Alumni und Studierenden) Was empfiehlst Du jungen Personalern bzw. Studierenden, die eine Laufbahn im Bereich HR anstreben? Worauf sollten diese achten? Was ist und was wird wichtig?
Barbara: Wir haben in Europa noch immer ein viel zu lineares Denken: Wir meinen, wir können immer noch aus der Vergangenheit heraus, selbst wenn diese kurzfristig ist, die Zukunft vorhersagen. Anstatt sollten wir uns heute schon algorithmische Tools anfreunden, die aus der Gegenwart heraus, Optionen für die Reaktion auf die (wahrscheinlich überraschend andere) Zukunft errechnen. Um das umzusetzen ist Querdenken, Kritik und offene Kommunikation notwendig. Ich wünsche mir von den jungen Personalern, dass sie genau diese Eigenschaften und Skills aufbauen und helfen, diese falschen, fixierten Muster aufzubrechen und die neuen Möglichkeiten der Tools in menschlicher Form in das Arbeitsleben zu integrieren.
Peter: Ganz herzlichen Dank für die Antworten, liebe Barbara. Ich wünsche Dir weiterhin viele Sourcing-Erfolg, viele offene Ohren für Deine Ideen sowie immer freundliche und aufgeschlossene Kunden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen