Montag, 30. Juni 2025

Der HR Innovation Day is back - Mit KI HR besser machen? Ja - aber …

Der HR Innovation Day ist zurück.

Nach 2022 konnten wir 2025 endlich eine Neuauflage „meines“ „Offline-Events“ realisieren. Heute komme ich zu einem persönlichen Recap des diesjährigen HR Innovation Days. Zugegebenermaßen recht spät - dies hat aber auch Vorteile. Erst einmal der Blick auf das sehr positive Feedback der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, was mich wirklich sehr gefreut hat („Ein echtes Highlight-Format🎉“; „spannend“; „echtes Lern- und Denkabenteuer“.
Zu einem Rückblick gehören selbstverständlich auch Gedanken was das Event letztlich gebracht hat. In diesem Fall weniger aufregende Animationen und auf Fotos jubelnde Jung-Personaler als eine beachtliche Reihe nachvollziehbarer Einblicke in das derzeitige KI-Geschehen im HR-Kontext. Dies macht es einfacher zu beurteilen, was KI für HR und die HRler bedeutet. Neben vielen Chancen existieren hier auch zahlreiche Risiken. Ich bin deshalb rückblickend sehr froh, den Event-Titel mit einem Fragezeichen (!) versehen zu haben ("Mit KI HR besser machen?“). Ein Blick auf die Beiträge verdeutlicht die aktuelle Situation und, was bei weitem wichtiger ist, lässt die künftigen Anforderungen an das Personalmanagement beim zunehmenden Einsatz von KI erkennen.

  • KI bietet ungeahnte Leistungssteigerungen bei HR-Tätigkeiten an. Das Zeitalter eines „Super-Workers“ bricht an. Dieser weithin optimistische Blick auf KI als Enabler von HR durch Kathi Enderes (SVP bei Josh Bersin) dürfte nicht überall auf Zustimmung stoßen, war aber ein sehr guter Aufschlag für das Event. Der Blick auf die breiten Erfahrungen mit KI in den USA lässt die auch bei uns bevorstehenden Entwicklungen von KI im Bereich HR erkennen. Erwähnenswert, dass dieser Input aus Palo Alto in Richtung Leipzig erfolgt ist. Ganz herzlichen Dank an Kathi Enderes dafür! 
  • Es wurde deutlich, dass die HR-Innovationen nach wie vor nicht aus den HR-Bereichen, sondern zumeist aus anderen Bereichen, wie der IT, kommen. Ein hervorragendes Beispiel für EdTech-Lösungen waren Workshop und Keynote von Gabriele Riedmann de Trinidad. Sie hat verdeutlicht, welche Potenziale im Erfassen und der Weitergabe von Wissen in Form personalisierter Lernangebote sprich Micro-Learnings liegen. Mit der Übertragung des Begriffs digitaler Zwilling in den Bereich Lernen konnte sie klar machen, wie adaptives Lernen praktisch umgesetzt werden kann. Hier galt zuzusehen, zu staunen und dabei an die Implementierung dieser faszinierenden Lösungen im HR Bereich zu denken. 
  • Arbeitszeitfragen sind ein Evergreen betrieblicher Personalarbeit. Der deutschlandweit bekannte Arbeitszeit-Experte Guido Zander - den wir erneut beim HR Innovation Day begrüßen konnten - hat auch diesmal den Blick auf neue Herangehensweisen bei der Arbeitszeit- und Einsatzplanung eröffnet. Hier eröffnen sich durch die Einbeziehung von KI neue Möglichkeiten für die Gestaltung des Einsatzes von Mitarbeitenden. Guido Zander hat sich in seiner Keynote auch wieder einmal für flexible Arbeitszeitmodelle bei Dekless Workern stark gemacht. 
  • Das Recruiting eilt - was den Grad der Nutzung von KI-Lösungen angeht - den anderen HR-Bereichen oftmals davon. Wolfgang Brickwedde konnte dies bei einer Beschreibung der aktuellen Situation im Recruiting aber insbesondere auch durch den Blick auf die künftige Aufgabenteilung zwischen Recruitern und KI nachvollziehbar skizzieren. Der Workshop von Uwe Thuß hat hier deutlich gezeigt, welche breiten Möglichkeiten eine KI-gestützte und an konkreten Anforderungen orientierte Personalauswahl gerade für die aktuellen Nachfolgefragen bietet. Eine wichtig Notiz: Auch viele Bewerberinnen und Bewerber rüsten auf - denn sie greifen zunehmend - selbst bei virtuellen Vorstellungsgesprächen auf KI-Unterstützung zurück. 
  • Die Vorteile von KI-Lösungen für ausgewählte HR-Aufgaben sind bislang vielen Personalern offensichtlich nicht genügend bekannt. Beispielhaft sind hier KI-gestützte Online-Coachings in natürlicher Sprache zu nennen (ein exzellenter Workshop mit Dan Blinstein und Angelika Geißler von koviko). Ich denke, dass hier eine hohe Akzeptanz bei den Coachees zu erwarten ist. Hinzu kommt die mögliche Unterstützung beim Personalabbau. Ein Thema, dass die viele Personaler zunehmend bewegen dürfte. Welche beträchtlichen Potenziale hier von einem KI-gestützten Outplacement zu erwarten sind, konnte Paul Kanzler von Talent Placement eindrucksvoll in seinem Workshop anhand konkreter Beispiele und Erfahrungen verdeutlichen. 
  • Bei der Einführung und Anwendung von KI-Lösungen in den Personalbereichen braucht es erfahrungsgemäß auch mutige und vorwärts drängende Einzelkämpfer, die mit Enthusiasmus und Einfallsreichtum in Bereiche gehen, die auf den ersten Blick nicht als Präzedenzfälle des Einsatzes von KI gelten. Dafür steht mein Professorenkollege Thorsten Richter der sich bereits seit langer Zeit und mit nachhaltigem Erfolg dem Einsatz von KI im Kontext von Recht und zunehmend auch im Arbeitrecht verschrieben hat. In seinem Workshop hat er für viele Aha-Effekte gesorgt und gezeigt, was KI gerade im rechtlichen Kontext bewirken kann. 
  • Für den künftigen Erfolg braucht HR viel stärker als bisher die Fähigkeit eigene Geschichten zu erzählen. In seinem Workshop hat Tobias Hegner von VerVieVas die Grundlagen, die hierfür nötigen Fähigkeiten und deren Anwendung anhand konkreter Beispiele sehr nachvollziehbar beschrieben. 
  • Das Thema Unternehmenskultur und Werte bewegt viele Personaler. Hier fehlt es jedoch häufig an Optionen hier auf der Basis konkreter Informationen aktiv zu werden. Beim Schließen dieser Lücke kann das Start-up Heart & job helfen. Beim Workshop mit der Gründerin Sarah Brauns war zum Umgang mit den Werten der Unternehmen oder der (potenziellen) Mitarbeiter war dazu viel zu erfahren. Mit Hilfe einer KI-gestützten Analyse der Unternehmenskultur kann hier fundierter als bisher agiert werden. 
  • Und: HR braucht für die nötigen Veränderungen unbedingt langen Atem. Deshalb war es richtig mit der Keynote von Babette Sonntag gerade nicht auf KI zu setzen. Sie setzte mit ihrer Keynote durchweg eigene Akzente. Mit ihrem umfassenden Blick auf japanische Führungsmodelle konnte sie dem gegenwärtigen „Kurzfrist-Hype“ bewusst die auf der Langzeitorientierung basierende Innovativität japanischer Führung entgegensetzen. 
Interessant: HR Innovationen sind auch außerhalb der klassischen Unternehmen gefragt. Es freut mich sehr, dass mit parisax auch eine Institution aus dem Bereich der Sozialwirtschaft die Nützlichkeit neuer Herangehensweisen bei Führung und Personalmanagement erkannt hat und hier eigene Wege zur Implementierung neuer Lösungen gehen wird.

Was bleibt? Der HR Innovation Day ist das solide und unaufgeregte Event für junge und jung gebliebene Personaler, die sich in der Atmosphäre einer Hochschule über hochaktuelle Entwicklungen informieren und dabei auch netzwerken wollen. Dabei steht die offline-Wissensvermittlung und auch das gemeinsame Lernen im Vordergrund. Künftig dürfte es darauf ankommen, wie es Personalern gelingt, sich das notwendige Wissen für den gezielten Einsatz von KI-Lösungen anzueignen. Der Wissensaustausch mit Vertretern anderer Domänen wird zunehmend unverzichtbar. Dazu gehört mMn neben Offenheit und Aufgeschlossenheit auch die Bereitschaft, sich an einem sonnigen Samstag mit Wissens- und Erfahrungsträgern auszutauschen. 

Eine kleine Notiz am Rande. Es gibt Zufälle und ZUFÄLLE. Am 14. Juni 2025, dem Tag des HR Innovation Days, erschien endlich mein Herausgeberwerk „Deskless Work und Personalmanagement“ an dem ich fast zwei Jahre gearbeitet habe. 

Auf ein Wiedersehen in Leipzig freut sich.

Peter M. Wald


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.