Herwig Kummer vom ÖAMTC |
Peter: Lieber Herwig, vielen Dank für die kurze Vorstellung. Wie ist Deine Position im Personalmanagement bzw. worin bestehen Deine konkreten Schnittstellen zum Personalmanagement?
Herwig: Gemeinsam mit meinem Team bearbeite ich beim ÖAMTC die komplette „softe“ Seite des Personalmanagements, also vom Employer Branding, das Recruiting, übers Training bis hin zur Entwicklung von Personen und Teams. Hier arbeiten wir eng mit unseren Führungskräften zusammen und setzen - dank der großartigen Unterstützung des Managements - viele spannende Projekte und Initiativen im Personalmanagement um.
Peter: Wie schätzt Du den gegenwärtigen Status bzw. das Standing der Personaler insgesamt ein?
Herwig: Generell sehe ich Personaler gerade an einer Kippe stehen: Auf der einen Seite stehen Personaler, die Personalarbeit so verstehen, wie sie es vor Jahrzehnten gesehen und weitergeführt haben. Diese wünschen sich zwar einen Platz am Tisch des Managements, haben aber weder dort nachgefragte „Produkte“ noch passende „Antworten“ auf aktuelle Fragen (Agiles Arbeiten, Digitalisierung, u.a.). Diese Gruppe ist aus meiner Sicht (noch) in der deutlichen Mehrheit.
Auf der anderen Seite treffe ich immer mehr Personaler (und nicht nur junge), die sich den Herausforderungen des Business stellen und dafür geeignete Antworten aus HR-Sicht suchen. Und die auch passende Lösungen finden, mitunter unkonventionell und abseits tradierter Wege.
Erstere werden in wenigen Jahren kaum noch Mehrwert liefern können und rasch der Digitalisierung zum Opfer fallen. Letztere werden das Business klar voranbringen und ganz nebenbei die Personalarbeit neu erfinden.
Peter: Was meinst Du, warum wird das Personalmanagement heute (trotzdem) so oft und teilweise heftig kritisiert?
Herwig: Eine der Gründe ist eine gewisse Hybris der Kritiker. Personalarbeit kann ja schließlich jeder - zumindest im Selbstbild. Was soll denn so schwer sein, Inserate zu schreiben, Bewerbungen zu sortieren und nette Gespräche zu führen? Oder wo ist eigentlich die fachliche Herausforderung, Trainings zu organisieren oder ein eLearning online zu stellen? Es schaut alles oberflächlich sehr leicht und locker aus. Das soll es ja letztlich auch. Aber dahinter steht im Idealfall mehr, nämlich konkrete, fachlich fundierte Überlegungen. Und dass die dafür nötigen fachlichen Hintergründe bei manchen Personalern selbst recht lückenhaft sind, nährt natürlich die Kritiker.
Peter: Wo siehst Du in der nächsten Zeit konkreten Änderungsbedarf bei Leistungen und Angeboten des Personalmanagements?
Herwig: Personalmanagement muss flotter werden, im tatsächlichen wie im übertragenen Sinn des Wortes.
- Flotter, agiler und wendiger sollten wir werden, um Business-Anforderungen in Lösungen zu übersetzen. Also nicht mehr reflexhaft in die Produktkiste des Personalmanagements greifen und an einzelnen Menschen herumdoktern, weil man es immer so gemacht hat. Sondern die Anforderung verstehen und mit geschickt gesetzten Impulsen für Entwicklung sorgen.
- Unsere Leistungen und Angebote gehören endlich entrümpelt, erneuert und damit flotter werden. Dazu gehört auch, Internet und Informationstechnologie als unser (neues) Spielfeld zu entdecken. Also Prozesse verschlanken, dann digitalisieren und flexibilisieren.
- Und letztlich wäre wichtig, dass wir selbstbewusster und damit flotter im Unternehmen auftreten. Sich im Ringen um Anerkennung bedingungslos an den Usancen des Management anzupassen, tut nicht gut. Da planen wir das Unplanbare, nur um des Plans Willen. Oder wir berechnen ROIs, wissend dass Nicht-Lineare Wirkungsketten so gar nicht berechenbar sind. Diesen Mut, mit solchen „Sinnlosigkeiten“ aufzuhören, sollten wir haben oder entwickeln. Dann haben wir auch wieder Ressourcen für wirklich Wirksames frei.
Peter: Was werden die Schwerpunkte des Personalmanagements in 10 Jahren sein?
Herwig: Personalmanagement wird einen Teil des Anspruchs verlieren, im Auftrag und auf Rechnung des Managements „Personal“ zu verwalten bzw. für den Betrieb zu beschaffen oder herzurichten. Stattdessen wird der klare Anspruch treten, gemeinsam mit dem Management einen Rahmen für „Menschen“ zu schaffen, in dem alle produktiv und erfolgreich sein können und wollen. Wie das konkret aussehen kann, können wir uns heute nur ansatzweise ausmalen. Denn viele der Möglichkeiten, die wir in 10 Jahren dazu zur Verfügung haben werden, kennen wir heute ja noch gar nicht.
Wald: Jetzt zur Frage 5+1 (für meine Alumni und Studierenden) Was empfiehlst Du jungen Personalern bzw. Studierenden, die eine Laufbahn im Bereich HR anstreben? Worauf sollten diese achten? Was ist und was wird wichtig?
Herwig: Aus meiner Sicht sind drei Aspekte besonders wichtig:
Erstens, einen weiten Blick über den eigenen Tellerrand halten und am Puls der Zeit bleiben - egal ob es Gesellschaft, (Arbeits)Märkte oder Unternehmen(sformen) oder anderes betrifft. Das Interesse für Neues und die Achtung vor Bewährtem ist wichtige Grundlage für Personaler. Genauso wie das Bestreben, die Dinge selbst auszuprobieren und zu erleben.
Zweitens brauchen Personaler eine tiefe und breite theoretische Fundierung in unterschiedlichen Fachgebieten. Wie funktionieren Organisationen, was hält Teams zusammen und wie (unterschiedlich) sind Menschen „gestrickt“? Oder was bewegt Menschen wirklich und wie lernen sie? Dazu gibt es viel Wissen und Erkenntnis aus unterschiedlichen Bereichen, die aber viel zu wenige Personaler kennen.
Und drittens, IT-Kompetenz in allen Facetten – sowohl in der Anwendung als auch in der Gestaltung. Es muss ja nicht gleich Programmierung sein, aber gute eigene Erfahrungen in der Anwendung und Umsetzung der technischen Möglichkeiten bringt (fast) nur Vorteile.
Peter: Lieber Herwig, ganz herzlichen Dank für die Antworten. Ich wünsche Dir weiterhin viel Erfolg und viele freundliche Partner und Mitarbeiter. Viele Vorweihnachtsgrüße nach Wien!
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