Tim Oliver Pröhm |
Peter: Vielen Dank für die kurze Vorstellung. Wie ist Deine Position im Personalmanagement bzw. worin bestehen Ihre konkreten Schnittstellen zum Personalmanagement?
Tim: Als HR-Outsourcing-Dienstleister ist das Personalmanagement mein direkter Ansprechpartner innerhalb des Kundenunternehmens, d.h. viele der strategischen Herausforderungen der Personalabteilungen sind mir gut bekannt. Dennoch steht jedes Unternehmen vor individuellen Herausforderungen und für mich ist es immer wieder aufs Neue sehr spannend, gemeinsam mit dem Personalmanagement zielgenaue Lösungen zu entwickeln und einzuführen.
Peter: Wie schätzt Du den gegenwärtigen Status bzw. das Standing der Personaler insgesamt ein?
Tim: Ich habe leider oftmals feststellen müssen, dass das Personalmanagement innerhalb vieler Unternehmen keinen allzu hohen Stellenwert hat und vielfach von der Unternehmensleitung als nicht so „cool“ und wichtig angesehen wird, da es in deren Augen vermeintlich keinen spür- und messbaren Einfluss auf den Unternehmenserfolg hat. Deshalb kommt HR leider in vielen Unternehmen bei der Budgetvergabe oftmals deutlich zu kurz. Zudem ist das Personalmanagement vieler Unternehmen leider auch immer noch sehr stark auf klassische Verwaltungsprozesse fokussiert, wird oftmals nicht selbst zum strategischen Treiber und daher eher als reaktiver Umsetzer wahrgenommen. Als Quintessenz dieser vorangegangenen Punkte wird das Personalmanagement oftmals auch nur teilweise und in deutlich zu geringem Maß in die digitale Unternehmenstransformation eingebunden.
Peter: Was meinst Du, warum wird das Personalmanagement heute (trotzdem) so oft und teilweise heftig kritisiert?
Tim: Seit mehr als 10 Jahren sprechen viele Personalabteilungen davon, sich als strategischer Partner der Unternehmensführung positionieren zu wollen und in sämtlichen Prozessen und Abläufen als strategischer Treiber und Innovator wahrgenommen werden zu wollen. Dennoch bleiben in der ganzheitlichen Betrachtung oftmals der Blickwinkel viel zu klein und der Fokus vielfach auf den bisherigen Verwaltungsprozessen haften. Die ganzheitliche und zukunftsorientierte Strategie, bzw. auch tatsächliche Innovation im Personalmanagement bleiben auf der Strecke. Dies liegt in vielen HR-Abteilungen an einem zu geringen Budget, dem fehlenden Gespür für innovative und zukunftsträchtige Prozesse und Technologien, oftmals aber auch leider auch an der Gewohnheit und einer falschen Einschätzung der künftigen Herausforderungen. HR Innovation zeigt sich meiner Ansicht nach allerdings nicht in der Weiterentwicklung zum HR Business Partner Modell, sondern geht deutlich darüber hinaus.
Peter: Wo siehst Du in der nächsten Zeit konkreten Änderungsbedarf bei Leistungen und Angeboten des Personalmanagements?
Tim: HR muss kurzfristig sehr viel analytischer werden. Es müssen deutlich mehr Daten erhoben werden, die Aufschluss über die aktuelle Prozesseffizienz geben, deutliche Verbesserungspotentiale aufzeigen und die einen transparenten Blick auf den Beitrag zum Unternehmenserfolg ermöglichen. Zudem sorgen eine digitale Unternehmenstransformation, AI (künstliche Intelligenz) und Automatisierungen in vielen Unternehmen für massive Veränderungen. Gerade vor, während und nach gravierenden Anpassungen von Prozessen und Unternehmensstrukturen sollte HR unbedingt die Rolle des Treibers übernehmen und die Menschen innerhalb des Unternehmens mitnehmen, eng durch die anstehenden Prozessschritte begleiten und auf eventuelle Auswirkungen und Veränderungen vorbereiten.
Peter: Was werden die Schwerpunkte des Personalmanagements in 10 Jahren sein?
Tim: Das Personalmanagement wird in 10 Jahren deutlich strategischer ausgerichtet sein als heute. Neue Technologien ermöglichen den Bewerbern und Mitarbeitern viele Prozessschritte wie Vertragsunterzeichnung, die Beantragung von Urlauben, das Führen der Zeitkonten, etc. bequem via „Self-Service“, ohne dass eine umfangreiche Interaktion mit der Personalabteilung erforderlich wird. Eine zunehmende Prozessautomatisierung lässt den Bedarf an Shared Services zudem weiter sinken. Eine strategische Planung der künftigen Aufstellung der internen und externen Belegschaft („Strategic Workforce Planning“) rückt in den Vordergrund. Genauer gesagt, beschäftigen sich die HR-Abteilungen primär damit, welche Talente mittel- und langfristig im Unternehmen benötigt werden, ob diese intern eingestellt werden, oder als externe Talente verschiedene Projekte begleiten. Eine Umsetzung dieser für uns heute neuen Trends wie „Gig Economy“ und „Human Cloud“, d.h. weniger festangestellt Mitarbeiter und mehr flexible Mitarbeiter, wird in 10 Jahren innerhalb des Personalmanagements fest verankert sein. Eine enge Verzahnung mit der strategischen Unternehmensplanung spielt zudem eine noch wichtigere Rolle als sie es bereits heute tut.
Peter: Jetzt zur Frage 5+1 (für meine Alumni und Studierenden) Was empfiehlst Du jungen Personalern bzw. Studierenden, die eine Laufbahn im Bereich HR anstreben? Worauf sollten diese achten? Was ist und was wird wichtig?
Tim: Wie bereits in den vorangegangenen Antworten erwähnt, wird HR künftig deutlich datengetriebener werden und die Nachfrage nach HR-Experten für People Analytics wird m. E. noch steigen. Neben den weiterhin sehr wichtigen zwischenmenschlichen Interaktionen zwischen Bewerber/Mitarbeiter und Personalmanagement, werden dennoch viele Personalentscheidungen und Prozesse primär datenbasiert getroffen werden. Junge Personaler bzw. Studenten sollten sich künftig weniger als klassischer „Personalbetreuer“, sondern eher als strategischer Gestalter mit direktem Bezug zum Unternehmenserfolg sehen und sich vor dem Umgang mit Technologien und analytischen Auswertungen nicht scheuen.
Peter: Lieber Tim, ganz herzlichen Dank für die Antworten. Ich wünsche Dir weiterhin viele Erfolge und zahlreiche neue Ideen. Und alles Gute für das neue Jahr!
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