Mittwoch, 8. März 2017

Innovation durch Vielfalt - 5 (+1) Frage/n zu den Erwartungen an das Personalmanagement - heute im Interview - Bernadette Lux von Aktion Mensch e.V.

Viel wird im Moment über Personaler und das Personalmanagement gesprochen - weniger gesprochen wird mit den Personalern. Bei diesen Diskussionen geht es um die gegenwärtigen Prozesse und Leistungen aber zunehmend auch um die Perspektive von „HR“ insgesamt. Diese oft mit ungewohnter Schärfe vorgetragenen kontroversen Meinungen sind für mich Anlass, eine Interviewreihe mit Kunden, Partnern und Insidern des Personalmanagements zu starten. Heute spreche ich mit Bernadette Lux, der Personalleiterin der Aktion Mensch e.V. Damit beteiligt sich eine Personalerin an der laufenden Interviewreihe, die für eine Nonprofit-Organisation tätig ist, die sich in besonderer Weise der Inklusion verschrieben hat. Ich danke ihr bereits jetzt für die Teilnahme am Interview und bitte sie, sich kurz vorzustellen. Daran schließen sich meine Fragen an.

Bernadette Lux
Lux: Ich bin Bernadette Lux, 49 Jahre, Diplom-Psychologin und seit 13 Jahren in unterschiedlichen Branchen im Bereich Dienstleistung, Handel und Banken als Personalleiterin tätig. Seit 2015 bin ich bei der Aktion Mensch eV.

Wald: Vielen Dank für die kurze Vorstellung. Wie ist Ihre Position im Personalmanagement bzw. worin bestehen Ihre konkreten Schnittstellen zum Personalmanagement?
Lux: Ich habe die Personalleitung inne und bin mit meinen 5 Vollzeit und 2 Teilzeit-Mitarbeiter/innen verantwortlich für das gesamte Spektrum der Personalarbeit: Personalauswahl und Entwicklung, Aus- und Weiterbildung, Change Management, Personaladministration (inkl. Lohn und Gehalt, Zeitwirtschaft, Personalbetreuung) bis hin zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement.

Wald: Wie schätzen Sie den gegenwärtigen Status bzw. das Standing der Personaler insgesamt ein?
Lux: Personal gelingt es immer besser, auch durch den Einsatz von Personalmanagementsystemen, die angebotenen Dienstleistungen in benötigter Qualität zur Verfügung zu stellen und bis zu einem gewissen Grad sind die qualitativen Beiträge von Personal messbar geworden. Die Erfahrung, dass Personalrisiken auch schnell zum Geschäftsrisiko werden können, hat dazu geführt, dass dem Personalmanagement eine strategischere Bedeutung zugekommen ist. Allerdings hängt der Grad der (strategischen und gestalterischen) Wirksamkeit von HR im Wesentlichen davon ab, ob die Unternehmensleitung Personalthemen eine zentrale Bedeutung gibt oder nicht.

Wald: Was meinen Sie, warum wird das Personalmanagement heute (trotzdem) so oft und teilweise heftig kritisiert?
Lux: Der Personalbereich ist oft zu weit weg vom echten Verständnis des Business, um zügig und zielgerichtet hilfreich zu sein oder mit operativen Anforderungen überlastet statt wertschöpfend tätig zu sein.  Leider gibt es auch manchmal Unverständnis für die rules and regulations unter denen Personalarbeit stattfindet. HR wird dann als kompliziert und bürokratisch wahrgenommen und dafür kritisiert, statt gemeinsam Lösungen zu finden. In Teilen fehlt es in den Personalbereichen aber auch an gut ausgebildeten Mitarbeitern und an Überzeugungs- und Durchsetzungskraft sich dem Fachbereich gegenüber als verantwortlicher Steuerer von Personalprozessen zu etablieren.

Wald: Wo sehen Sie in der nächsten Zeit konkreten Änderungsbedarf bei Leistungen und Angeboten des Personalmanagements?
Lux: Ich denke, wir müssen an vielen Stellschrauben drehen. Es geht zum einem darum,  Konzepte zu entwickeln, um die Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiter zu erhalten. Gleichzeitig kann Inklusion die Arbeitswelt verändern. Denn zum einem ist sie eine Antwort auf den Fachkräftemangel und fördert gleichzeitig Innovation durch Vielfalt. Doch dazu bedarf es auch einer Weitsicht der Personaler. Sie müssen das Potenzial der Menschen mit Behinderung als Arbeitskraft erkennen – und nicht auf mögliche Defizite, die sie einer Behinderung zuschreiben, sehen. Gleichzeitig müssen Personaler wissen, wo sie (auch finanzielle) Unterstützung bei der Einstellung bekommen. Dies wissen vor allem bei kleineren Unternehmen nicht mal die Hälfte. Nicht zuletzt braucht es  Formate, um neue Formen der Zusammenarbeit zu lernen: vom kollegialen Feedback über Methodenschulungen bis hin zu Innovation Labs, die HR-Toolbox muss flexibler werden.

Wald: Was werden die Schwerpunkte des Personalmanagements in 10 Jahren sein?
Lux: Im Spannungsfeld der Digitalisierung und Anforderungen der Arbeitswelt 4.0 bei vorherrschenden starren Tarifstrukturen, gesetzlichen Vorgaben und betrieblichen Regelwerken zu navigieren und über die berufsständischen Verbände Einfluss auf die Politik zu nehmen.

Wald: Jetzt zur Frage 5+1 (für meine Alumni und Studierenden) Was empfehlen Sie jungen Personalern bzw. Studierenden, die eine Laufbahn im Bereich HR anstreben? Worauf sollten diese achten? Was ist und was wird wichtig?
Lux: Die Rolle von HR wird sich verändern – um in den wesentlichen Handlungsfeldern von HR einsteigen zu können, braucht es vertiefte Kenntnisse im Umgang mit Big Data, Arbeitsrecht, Arbeitsorganisation, Qualifizierung, Führung und Psychosozialer Gesundheit. Wir sehen spannende Veränderungen vor uns, die zu einem Neu-Denken klassischer HR-Konzepte führen werden.  Die Systematik des unternehmerischen "Bedarfs an einer neuen Stelle, die in ein Anforderungsprofil übersetzt wird und anhand einer Stellenbewertung in ein Gehaltsgefüge einsortiert wird" wird schon bald der Vergangenheit angehören. So werden wir künftig nicht nach den Best-qualifizierten für eine Position suchen, sondern nach Menschen mit drive, Kompetenzen und Ideen – und darauf vertrauen, dass je mehr sie haben desto mehr werden sie sich ins Unternehmen einbringen. Wir brauchen mehr Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme für die eigenen Arbeitsergebnisse aber auch für die fachlichen und persönlichen Entwicklungen. Daraus resultiert noch eine Herausforderung: Die Führungskräfte von heute sind oft anders sozialisiert. Sie übernehmen die komplette Verantwortung für die Ergebnisse ihrer Abteilungen. Dafür müssen sie gerade stehen und wenn das eng wird lassen sie sich was einfallen: kontrollieren, Druck aufbauen, selber machen, ... in projektorientierten und agilen Organisationsformen, die zeitlich und räumlich flexibler sind als heute, muss auch die Rolle der Führungskraft neu gedacht werden. HR muss auch künftig die Rahmenbedingungen des Arbeitens so beeinflussen, dass Menschen bei der Erledigung ihrer Aufgaben nicht gesundheitlich zu Schaden kommen. Bsp. Möglichkeiten der Erholung und des Abschaltens trotz 7/24.

Wald: Liebe Frau Lux, ganz herzlichen Dank für die Antworten. Ich wünsche Ihnen weiterhin viele Erfolge, neue Ideen und Zuversicht.

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