Mittwoch, 28. März 2018

Lost in Digitalisierung oder Agilität vs. Platzanweisung per Megaphon

Ja, ich war wieder dabei, beim legendären HR BarCamp in Berlin. Und das bereits zum siebten Mal. Warum? Weil das HR BarCamp für mich nach wie vor DAS HR-Event des Jahres ist. Es wirkt wie ein Barometer, wie ein Sounding Board, denn die wichtigen Trends und Entwicklungen der HR-Praxis werden hier weit schneller sichtbar als es der Blick in einschlägige Journale oder auch Blogs möglich macht. Das HR BarCamp zwingt die Teilnehmer_innen zwischen den Tellerrändern zu  "schweben".

Die Session-"Bewerber" vor dem Pitching
Und: Ganz wichtig, die Köpfe hinter den Aussagen werden sichtbar. Hinzu kommt, das die Teilnehmer_innen bereit sind, ihre Erfahrungen zu teilen. Auch wenn meine diesjährige Teilnahme nicht frei von zeitlichen Lücken war, will ich doch einen Rückblick wagen.

Vornweg: Die Digitalisierung besitzt nach wie vor einen massiven Einfluss auf das Personalmanagement. Dies zeigt sich an der sehr häufig thematisierten Agilisierung von HR („Agile HR“) aber auch in den neuen Werkzeugen, wie Chat Bots im Recruiting (vorgestellt von Tim Oliver Pröhm) und reicht bis hin zu ersten HR-Werkzeugen auf der Basis von KI und maschinellem Lernen.

In vielen der von mir besuchten Sessions wurde deutlich, wie nachhaltig neue Organisationsformen die Personalarbeit beeinflussen und welche neuen Fragen bei der zunehmenden Agilisierung zu beantworten sind. Dabei wird deutlich, wie sehr HR nach wie vor mit sich selbst hadert, um das „richtige“ Selbstverständnis ringt und mit wechselndem Erfolg nach einem Platz an der „Tafelrunde“ strebt. Auf die Agilisierung gibt es vielfältige Reaktionen, die von Selbstaufgabe über unsichere Akzeptanz (eigentlich ein "weiter so") bis hin zu einer klugen Übertragung agiler Prinzipien auf HR (Beispiel sipgate) reichen.

Leider werden bei einem unsicheren Umgang mit der Digitalisierung häufig die m.E. essentiellen Beiträge von HR zum Unternehmenserfolg außer acht gelassen. Es sollte doch darum gehen, in dem geänderten Umfeld

... die richtigen Werkzeuge einzusetzen ...
... die zunehmende Beteiligung der Mitarbeiter zu ermöglichen

und für die Messung der konkreten HR-Beiträge - auch mit den Klassikern - zu sorgen.

Neben Fragen gibt es auch viele positive Erfahrungen. Mir ist erneut klar geworden, wie beträchtlich der Digitalisierungsvorlauf im Recruiting ist und ich frage mich deshalb, warum es offensichtlich so schwer ist, diese Erfahrungen bei der Gestaltung und Messung auf andere Personalprozesse zu übertragen (zu wenig Leidensdruck? oder kein Interesse?).

Welche Anregungen für die Arbeitsweise moderne HR'ler gab es? Interessant war, was mit der Kopfstandtechnik erreicht werden kann. Jo Diercks hat mit der Session "Cultural-Anti-Fit"neue Perspektiven auf das eröffnet, was gerade noch oder überhaupt nicht bei der Führung von Mitarbeiter geht. Daraus entstand eine "Anti-Bedürfnispyramide".

Auch die Führungskräfteentwicklung bleibt ein wichtiges Thema. Wie können Führungsprinzipien oder -grundsätze konkret umgesetzt werden? Dafür gibt es viele Möglichkeiten, vom Training über Mentoring bis hin zum Einzelcoaching. Dass hier auch der gezielte Einsatz von Managern beim Hüten von Schafen (diesmal keine Pferde) helfen kann, konnte ich in einer Session erfahren.

Auch über gerechte Vergütung wurde diskutiert - Ein Evergreen. Gibt es diese wirklich - nicht?

Recruiting ist und bleibt derzeit das Thema "Nummer 1". Wie geht es weiter? Und was kommt danach?



Was bleibt?

  • HR sollte nicht über jedes Agilitätsstöckchen springen, agiles Personalmanagement kann m.E. nicht die komplette Abschaffung jeglicher organisatorischer Regelungen bedeuten, sondern dafür sorgen, sinnvolle (neue und alte) Werkzeuge richtig einzusetzen.
  • Es macht Sinn, das weithin digitalisierte Recruiting, inklusive der Erfolgsmessung(!), als Blueprint für die weitere Digitalisierung im Personalmanagement heranzuziehen.
  • HR'ler müssen ihre Skills systematisch weiterentwickeln, sonst ...
  • Die Erfahrung eines kleinen Shitstorms: Ein Tweet zur Session mit Lynn Schäfer führte zu Widerspruch und zu mehreren Statements. 

Ich bin mir sehr sicher, dass HR bei sipgate agil arbeitet. Dies zeigt jedoch, wie unterschiedlich die Auffassungen zum Thema "Agile HR" sind. Hier bleibe ich dran, denn mit Spannung erwarte ich, was die Kritiker über die eigenen Erfahrungen bei der Agilisierung von HR zu berichten haben.

Es war ein BarCamp mit etwas weniger Recruiting und mehr Führung und Organisation.
Dies hat dem BarCamp sehr gut getan und ermöglicht, gerade über Erfahrungen und Experimente jenseits des Recruitings zu diskutieren. Daraus ergibt sich wichtiger Input, um Personalern eine stärkere Mitwirkung zu ermöglichen.

Was hat es nun mit der lautstarken Platzanweisung auf sich? Für mich war es neu, beim Betreten eines Klubs per Megaphon in die freien Räume gesteuert zu werden. Da ging es bei der Eröffnung des HR BarCamps etwas gemächlicher zu. Denn auf den Haka 2017 (neuseeländischer Kriegstanz) folgte 2018 das BarCamp adaptierte Volkslied "Laurentia".

Wie gesagt wurde, nach dem HR BarCamp ist vor dem HR BarCamp. Ich freue mich auf das HRBC19 und danke den Organisatoren und Helfern herzlich für die erneute Möglichkeit des "Eintauchens in die HR Suppe". Bis bald!

Peter (M. Wald)


Weitere Rückblicke finden sich hier

Twitter-Rückblick der Arbeitgebermarkenfreunde

Rückblick von Maja Roedenbeck Schäfer

Der Rethink-Blog von Stepstone zum HR BarCamp

1 Kommentar:

  1. Hallo Peter,
    herzlichen Dank für diese schöne Zusammenfassung. Es waren wieder inspirierende 1,5 Tage in Berlin. Und es hat mich besondere gefreut, mit Dir mal wieder in Ruhe zu quatschen.
    Herzliche Ostergrüße aus dem schönen Nürnberg
    Persoblogger Stefan

    AntwortenLöschen