Unter dieser Überschrift habe ich gerade einen Post im Rahmen des Homeoffice-Kurators abgesetzt - ein Projekt, an dem ich seit Anfang Juni 2020 und mit mittlerweile 8 Posts beteiligt bin. Warum? In die nahezu unüberschaubare Menge an Informationen, Studien, Webinaren, Whitepapers, Ratschlägen zu den Themen Homeoffice, Remote Work ... möchte ich gemeinsam mit Stefan Pfeiffer und Gunnar Sohn eine "Verständnis-Schneise schlagen".
Doch zurück zur Überschrift: Wie steht es um die Verbindungen zwischen Video-Tools wie Zoom und dem Vermitteln von Empathie? Es handelt sich um eine Verbindung, die ich derzeit täglich erlebe. Warum? Weil ich mich entschieden habe, den Großteil meiner Lehrveranstaltungen in Online-Präsenz anzubieten. Nur im Ausnahmefall greife ich auf Slidecasts zurück. Bei Online-Präsenz-Lehrveranstaltungen an einer HAW (früher FH) sollte es aus meiner Sicht in jedem Fall um Interaktion gehen, d.h. es geht um einen Beziehungsaufbau zwischen Studierenden und den Lehrenden. Dieser Kontakt mit den Studierenden und deren Feedback ist für den Erfolg der Lehrveranstaltungen unverzichtbar. Dies bestärkt mich in meiner Meinung, dass virtuelle Lehrveranstaltungen unbedingt interaktive Elemente aufweisen sollten. Voraussetzung dafür ist, dass ich die Teilnehmer der Lehrveranstaltungen auch sehe, was nach der Meinung einiger Studierender in den ersten Wochen des Semesters nicht ganz klar war. Hier hatte ich häufig das Erlebnis der "Generation unsichtbar" (Link zum Artikel in der Süddeutschen Zeitung). Mittlerweile ist hier so etwas wie eine Sichtbarkeits-Routine entstanden, denn insbesondere in den Schwerpunktmodulen ist es normal, die Kamera anzuschalten. In anderen Modulen stellen die "Unsichtbaren" die Minderheit dar. Besonders erfreulich ist, dass es auch Gruppen gibt, die die vorhandenen Interaktionsmöglichkeiten nicht nur mit mir, sondern auch untereinander aktiv nutzen. So gibt es gegenseitig Feedback, Ermunterungen, Fragen werden gestellt und es kommt zu Diskussionen. Dies sollte sich auch in anderen Gruppen umsetzen lassen. Auch möchte ich künftig weitere Möglichkeiten für die virtuelle Interaktion anbieten.
Doch zurück zu dem hier referierten Post. Dieser ist ist in zweifacher Hinsicht interessant. Zum Einen wird mit diesem an die aktuelle Situation und die Diskussionen zum Umgang mit Rassismus und Diversität angeknüpft. Es gibt Empfehlungen, wie Manager in den USA auf die derzeitige Situation reagieren können. Dabei wird die Tatsache berücksichtigt, dass die digitale Möglichkeiten die notwendigen Diskussionen und die Hilfsangebote nicht erleichtern. Führungskräften wird erklärt, wie sie auch virtuell Empathie zeigen können.
Zum Anderen beinhaltet der Post viele Anregungen und Erkenntnisse, die ich im Kontext der aktuell praktizierten digitalen Kommunikation für sehr wichtig halte. Der Aufbau und die Pflege von Beziehungen ist unter virtuellen Bedingungen ungleich schwerer als unter f2f-Bedingungen. Besonders augenfällig ist dies bei schwierigen Gesprächen. Es ist hier nicht möglich, jemanden in den Arm zu nehmen oder auch „Berührungen als Trost zu benutzen, wenn jemand emotional wird“. Aufgrund der aktuellen Situation sind nahezu alle Akteure massiv auf digitale Kommunikationsmittel angewiesen, um bestehende Beziehungen aufrecht zu erhalten und auch neue aufzubauen. Dabei ist offensichtlich, dass digital vermittelte Kommunikation stets ärmer als die konventionelle Kommunikation ist. Es fehlt der Blick auf die andere Person, deren Körpersprache und auch das Spiegeln von Emotionen ist eingeschränkt. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang die Studie „What are you looking at? ‚Virtual‘ communication in the age of social distancing“ der Atlantic University Florida. In dieser Studie mit 173 Teilnehmern wurde festgestellt, dass unter digitalen Bedingungen auch der visuelle Kontakt beeinträchtigt wird. Es wurde analysiert, worauf Menschen ihre Aufmerksamkeit bei digitaler Kommunikation richten. Sind es die Augen, ist es der Mund oder das ganze Gesicht? Und wie kodieren sie Gespräche? Dabei wurde festgestellt, dass sich die Menschen, wenn sie glauben, dass die betreffende Person sie anschaut, weniger auf den Mund des Sprechers fokussieren, sondern mehr auf das ganze Gesicht. Aus Sicht von Leigh Thompson (Professorin an der Kellogg School of Management und Spezialistin für Verhandeln – auch unter virtuellen Bedingungen) bringt dies unangenehme Interaktionen mit sich. Tonfall und Rhythmus der Gespräche können durcheinander geraten.
Dies muss jedoch nicht so sein. Die Kommunikation sollte unbedingt umfassender vorbereitet werden, um bei Tonfall, Tempo und Wortwahl so viel Emotion und Verständnis wie möglich zu zeigen. Thompson empfiehlt hier mehr Pronomen wie „wir“, „uns“, „unser“ zu benutzen und weniger auf Pronomen wie „ich“ und „mein“ zurückzugreifen. Dadurch kann auch bei digitaler Kommunikation Empathie signalisiert werden. Auch unter digitalen Bedingungen ist das Zuhören entscheidend, um Empathie zu signalisieren. Führungskräfte sollten fähig sein, die Gefühle anderer zu erkennen, aufmerksam zuzuhören, um die Perspektiven anderer zu verstehen. Aufgrund der Grenzen digitaler Kommunikation ist es entscheidend, das aktive Zuhören zu üben. Auf diese Weise kann signalisiert werden, dass die Gefühle anerkannt und verstanden werden und dass sich die Führungskräfte Zeit nehmen, sich zu öffnen oder in einen Dialog einzutreten. Tapia (Senior Client Partner bei Korn Ferry) beschreibt Zoom in diesem Zusammenhang (als) "ein großartiges Hilfsmittel, aber es muss situationsgerecht eingesetzt werden – und zwar angemessen“.
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